Die Lunge als Puzzle zusammengesetzt
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Mukoviszidose – zystische Fibrose

Bei Mukoviszidose, einer angeborenen Stoffwechselerkrankung, sind Körperflüssigkeiten aufgrund eines Gendefekts anders zusammengesetzt und zäher als üblich. Die Erkrankung betrifft die Lunge, den Verdauungstrakt und andere Organe und kann verschiedene Beschwerden verursachen. Sie ist nach wie vor nicht heilbar, mit Hilfe verschiedener Therapiemaßnahmen ist es jedoch möglich, die Beschwerden zu lindern, den Krankheitsverlauf zu beeinflussen und die Lebensqualität Betroffener zu verbessern.

Zusammenfassung

Fact-Box Mukoviszidose

Mukoviszidose (zystische Fibrose): Erbliche Stoffwechselerkrankung, durch welche es zur Produktion eines zähen Schleims und verschiedenen Funktionsstörungen kommt

Betroffene Organe/Strukturen: Lunge, Verdauungstrakt, Bauchspeicheldrüse, Leber, Nasennebenhöhlen u. a.

Ursache: Vererbung (autosomal-rezessiv); Mutation im CTFR-Gen am langen Arm des Chromosoms 7

Mögliche Symptome/Folgeerkrankungen: Individuell verschieden; Salzschweiß, erhöhte Schleimproduktion, pfeifende Atemgeräusche, chronischer Husten, erschwerte Atmung, chronische Nasennebenhöhlenentzündungen, wiederkehrende Infekte, Probleme bei der Fettverdauung, schlechte Verträglichkeit von fettigen Speisen, Bauchschmerzen, Blähungen, stärkere Durchfälle, Verstopfung, übelriechender Stuhl, verstopfte Nase, Schnupfen, Appetitlosigkeit, Untergewicht, Wachstumsverzögerungen, Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), der Leber und Gallenblase/Gallenwege, Fruchtbarkeitsstörungen, Diabetes mellitus u. a.

Diagnose: Bluttest (IRT/PAP), Schweißtest, genetische Abklärung, körperliche Untersuchung, weitere Labortests u. a.

Behandlung: Individuelle Therapie abhängig von genauer Diagnose, Alter, Beschwerden, Gesundheitszustand und anderen Faktoren; Atem- und Physiotherapie, Ernährungstherapie/hochkalorische Ernährung, Inhalationstherapie, Antibiotika, CTFR-Modulatoren und andere Medikamente, Behandlung der jeweiligen Symptome, Bewegung, Lungentransplantation u. a.

Was ist Mukoviszidose?

Mukoviszidose wird auch zystische Fibrose (cystische Fibrose; CF) genannt und beschreibt eine erbliche Stoffwechselerkrankung, bei welcher die Bildung von verschiedenen Körperflüssigkeiten gestört ist und es zur Produktion eines zähen Sekrets kommt, was die Funktion der betroffenen Organe beeinträchtigt. Mukoviszidose ist eine Multisystemerkrankung, was bedeutet, dass verschiedene Organe betroffen sind; das führende bzw. am meisten betroffene Organ ist die Lunge. Mit einem Erkrankungsrisiko von etwa 1:2.500* unter Neugeborenen ist Mukoviszidose eine der häufigsten vererbbaren Stoffwechselerkrankungen. Die Erkrankung ist derzeit nicht heilbar und führt zu einer verkürzten Lebenserwartung. Es stehen jedoch verschiedene Therapiemaßnahmen zur Verfügung, um die Beschwerden zu behandeln, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität Betroffener zu verbessern.

Ursachen

Mukoviszidose ist eine Erbkrankheit. Die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv, was zusammengefasst bedeutet, dass Mutter und Vater meist beide selbst gesund, jedoch beide Träger einer Erbkrankheit sind und beide an das Kind ein krankhaft verändertes Gen vererben.

Im Fall von Mukoviszidose liegt die krankhafte Veränderung (Mutation) im Bereich des sogenannten Cystic Fibrosis Transmembrane Regulator-Gens (CTFR-Gen) am langen Arm des Chromosoms 7. Das betroffene Gen kodiert für einen Chloridkanal in Drüsenepithelzellen. Durch die Mutation kommt es zu Funktionsstörungen von bestimmten Drüsen (exokrinen Drüsen), welche zähen Schleim absondern. Dies führt dazu, dass es in der Lunge, im Verdauungstrakt und in anderen Organen und Strukturen zur Bildung zäher Schleimsekrete und zu entzündlichen Veränderungen kommt.

Autosomal-rezessive Vererbung

Chromosomen bestehen aus DNA und kommen in den Zellen paarweise vor – ein Chromosom eines Paares kommt von der Mutter, eines vom Vater. Ein Gen ist ein Abschnitt auf der DNA, der an einem bestimmten Platz ”liegt”. Da die Chromosomen doppelt vorhanden sind, sind auch die Gene und damit die darin enthaltenen Informationen doppelt vorhanden. Diese doppelten Gene werden als Allele bezeichnet und können unterscheiden oder erbgleich sein. So kann beispielsweise ein Kind von der Mutter eine grüne Augenfarbe und vom Vater eine braune Augenfarbe vererbt bekommen. Welche Merkmale sich schließlich durchsetzen und sichtbar werden, hängt vom Erbgang ab.

Merkmale können dominant oder rezessiv vererbt werden, wobei rezessiv bedeutet, dass das Allel in der Ausprägung gegenüber dem anderen Allel zurücktritt bzw. unterdrückt wird. In Hinblick auf die Vererbung von Krankheiten ist zudem wesentlich, ob sich die krankmachende Information auf den Autosomen (Körperchromosomen) oder Gonosomen (Geschlechtschromosomen) befindet.

Im Fall der Mukoviszidose erfolgt die Vererbung autosomal-rezessiv, was bedeutet, dass das krankmachende Merkmal nur auf einem Allel eines Autosoms vorhanden ist und dieses gegenüber dem zweiten (gesunden) Allel rezessiv, also unterdrückt, ist. Die Krankheit kommt bei diesem Menschen also nicht zur Ausprägung – die Person besitzt ein krankhaftes rezessives autosomales Gen, da dieses aber gegenüber dem anderen gesunden ”unterdrückt” ist, ist sie nur Träger der Erbkrankheit. Allerdings kommt die Krankheit zur Ausprägung, wenn beide Allele über die krankmachende Information verfügen, da es in diesem Fall kein gesundes Merkmal gibt, welches über das andere krankmachende Merkmal dominieren könnte. Vererben also zwei Elternteile einem Kind ein krankhaft verändertes Gen, erkrankt das Kind an Mukoviszidose. Die Eltern sind dann meist beide selbst gesund, aber eben Träger der Erbkrankheit. Bekommt ein Kind ein gesundes und ein defektes Gen von den Eltern, erkrankt es nicht.

Symptome

Zystische Fibrose ist eine Multisystemerkrankung – es treten verschiedene Symptome auf, die unterschiedliche Organe betreffen können. Vorwiegend betroffen sind die Lunge und der Verdauungstrakt, daneben können auch die Bauchspeicheldrüse, die Leber, die Gallenwege, die Nasennebenhöhlen und andere Organe und Strukturen betroffen sein. Zusammengefasst sind die Sekrete der betroffenen Organe zähflüssiger als bei gesunden Menschen, wodurch beispielsweise die kleinen Äste der Bronchien in der Lunge oder die Ausführgänge bestimmter Organe ”verstopfen” und die Organe ihre Funktionen zunehmend schlechter erfüllen können.

Welche Symptome wann auftreten, welche Organe betroffen sind und wie schwer die Krankheit verläuft, kann individuell sehr unterschiedlich sein. Allen Ausprägungen der Mukoviszidose liegt zwar ein Defekt im gleichen Gen zugrunde, der Krankheitsverlauf, die betroffenen Organe und die Ausprägung der Symptome hängen jedoch von mehreren Faktoren ab. Erste Symptome zeigen sich zumeist bereits innerhalb des ersten Lebensjahres.

Salzverlust

Zystische Fibrose wirkt sich auf die Zusammensetzung von Körperflüssigkeiten aus. Unter anderem zeigt sich dies beim Schweiß, welcher salzhaltiger ist als bei gesunden Menschen (”Salzschweiß”). Betroffene verlieren viel Salz über den Schweiß. Diese Elektrolytenstörung kann sich wiederum in Symptomen wie gesteigertem Durstgefühl oder Kopfschmerzen äußern.

Symptome der Lunge

Besonders oft leiden Betroffene unter Symptomen der Lunge bzw. Beschwerden im Bereich der Atemwege, welche auf die zähe Schleimproduktion zurückzuführen sind. Mögliche Beschwerden sind u. a. erhöhte Schleimproduktion, pfeifende Atemgeräusche, anhaltender chronischer Husten, erschwerte Atmung, chronische Nasennebenhöhlenentzündungen und wiederholt auftretende Lungenentzündungen/wiederkehrende Infekte. Im Laufe der Zeit kommt es zumeist zu fortschreitender Atemnot.

Symptome des Verdauungstrakts

Auch das Verdauungssystem ist bei Mukoviszidose betroffen – der zähe Schleim ”verstopft” verschiedene an der Verdauung beteiligte Organe, wirkt sich u. a. auf die Verdauungsenzyme aus und führt zu verschiedenen Verdauungsbeschwerden. Mögliche Beschwerden sind Probleme bei der Fettverdauung und schlechte Verträglichkeit von fettigen Speisen, Bauchschmerzen, Blähungen, stärkere Durchfälle, Verstopfung, übelriechender Stuhl u. a.

Weitere mögliche Symptome und Folgeerkrankungen sind verstopfte Nase und Schnupfen, Appetitlosigkeit, Untergewicht, Wachstumsverzögerungen, Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), der Leber und Gallenblase/Gallenwege, Fruchtbarkeitsstörungen, Diabetes mellitus u. a.

Die Auflistung der hier angeführten Symptome dient dem Überblick und kann unvollständig sein, zudem kann ein Symptom ein Anzeichen für andere Erkrankungen sein. Auch muss nicht jedes hier angeführte Symptom bei Mukoviszidose auftreten. Im Zweifelsfall sollte stets das ärztliche Gespräch gesucht werden.

Diagnose

Eine frühe Diagnosestellung und ein möglichst früher Therapiebeginn sind bei Mukoviszidose besonders wichtig.

In Österreich wurde bereits vor einiger Zeit das Neugeborenen-Screening eingeführt, in dessen Rahmen Neugeborene auf bestimmte angeborene Erkrankungen untersucht werden. Seit 1997 wird im Rahmen des Neugeborenen-Screenings jedes Neugeborene auf Mukoviszidose untersucht. Die Untersuchung erfolgt mit Hilfe eines Bluttests, bei welchem das sogenannte immunreaktive Trypsinogen (IRT) und Pankreatitis-assoziierte Proteine (PAP) im Blut des Neugeborenen bestimmt werden. Ist dieser Enzymtest zweimal positiv, erfolgt eine Diagnosesicherung mittels sogenanntem Schweißtest, bei welchem der Schweiß auf den Gehalt der Salze analysiert wird. Im Anschluss erfolgt eine molekulargenetische Untersuchung (genetische Abklärung) zum Nachweis der zugrundeliegenden CFTR-Mutation. Darüber hinaus werden eine körperliche Untersuchung, weitere Laboruntersuchungen und verschiedene weitere Untersuchungen und Tests durchgeführt.

Behandlung

Mukoviszidose ist nicht heilbar, es stehen jedoch verschiedene Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung, um die Beschwerden zu behandeln und den Krankheitsverlauf zu beeinflussen.

Die Mukoviszidose-Therapie ruht auf mehreren Säulen, darunter:

  • Moderne Atem- und Physiotherapie, u. a. zur Mobilisierung von zähen Sekretmassen
  • Hochkalorische Ernährung, Einsatz von Vitaminen und Verdauungsenzymen
  • Inhalationstherapie (hypertone Kochsalzlösung, Mukolytika, Bronchodilatatoren u. a.)
  • Medikamentöse Therapie (Antibiotika, entzündungshemmende Medikamente, kausale Therapie mit CTFR-Modulatoren zur Steigerung des Chloridtransportes u. a.)

Daneben kommt natürlich der Behandlung der jeweiligen Symptome und Folgeerkrankungen eine wichtige Bedeutung zu. Besonders wichtig ist zudem ein allgemein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung. Wenn alle konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, kann eine Lungentransplantation in Erwägung gezogen werden.

Neben den eigentlichen Therapiemaßnahmen ist es zudem wichtig, dass Patienten lernen, was die Erkrankung bedeutet, wie sie sich auf den Körper auswirkt und wie sie langfristig mit der Erkrankung und damit einhergehenden Veränderungen und Belastungen umgehen.

Die Therapie richtet sich nach der genauen Diagnose, dem Alter des Patienten, den Beschwerden, dem Gesundheitszustand und anderen Faktoren und wird individuell erstellt und angepasst. Patienten werden zumeist in einem multidisziplinären spezialisierten CF-Zentrum betreut.

In den letzten Jahren hat sich die Prognose für Menschen mit Mukoviszidose stetig verbessert. Während die Lebenserwartung von Betroffenen früher sehr kurz war, erreichen Betroffene heute, abhängig davon wann sie geboren wurden, im Durchschnitt ein Lebensalter von über 40 bis 50 Jahren*, weswegen sich Mukoviszidose auch von einer einstigen Kinderkrankheit zu einer Erwachsenenkrankheit gewandelt hat. Diese Sprünge der Verbesserung der Lebenserwartung und -qualität sind u. a. auf individuell abgestimmte Behandlungen (medikamentöse und nicht medikamentöse Maßnahmen), die Entwicklung neuer medikamentöser Therapien und Maßnahmen für eine möglichst frühe Diagnose zurückzuführen.

*Angaben können in der Literatur variieren.

 

  • Autor

    Katharina Miedzinska, MSc

    Medizinjournalistin

    Katharina Miedzinska-Baran ist eine freie Medizinjournalistin, Biologin und Diätologin mit umfangreicher Expertise in der Erstellung medizinischer Inhalte sowie großem Interesse an Gesundheitsthemen.

Renner S.; Zystische Fibrose ursächlich behandeln, Ärzte Krone 19/2020, MedMedia Verlag und Mediaservice

Lakatos-Krepcik A.; Zystische Fibrose – diagnostische und therapeutische Meilensteine, Universum Innere Medizin 02/2019, MedMedia Verlag und Mediaservice

Spitzwieser M.; Zystische Fibrose: Steigende Lebenserwartung durch verbesserte Therapien, Universum Innere Medizin 06/2018, MedMedia Verlag und Mediaservice

Miedzinska K.; Cystische Fibrose (CF) – Neugeborenen-Screening – quo vadis?, Clinicum Pneumo, Medizin Medien Austria GmbH

Naehring S. et al.; Mukoviszidose – Diagnose und Therapie, Deutsches Ärzteblatt 33-34/2017, Deutscher Ärzteverlag

Schwarz C.; Zystische Fibrose: Mukoviszidose ist längst keine Kinderkrankheit mehr, Deutsches Ärzteblatt 9/2017, Deutscher Ärzteverlag

Mukoviszidose (Zystische Fibrose); Steckbrief, Thieme via medici, URL: https://viamedici.thieme.de/lernmodul/8678001/subject/pädiatrie/atmungssystem/mukoviszidose+zystische+fibrose

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