Vorhofflimmern
Normalerweise schlägt das Herz mit einer regelmäßigen Frequenz (Sinusrhythmus), die sich entsprechend den Anforderungen des Körpers und auftretender Emotionen beschleunigt oder verlangsamt. Diese normale Herzfrequenz weist eine große Bandbreite auf. So ist während des Schlafs eine Herzfrequenz von 40 Schlägen je Minute ebenso normal wie 200 Herzschläge je Minute unter Belastung. Anormale Herzrhythmen (Arrhythmien) treten auf, wenn der Sinusknoten die Kontrolle über die Kontraktionen des Herzmuskels verliert und die Herzfrequenz zu schnell, zu langsam oder unregelmäßig wird. Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Arrhythmien. Dabei wird der regelmäßige Sinusrhythmus plötzlich durch eine Vielzahl kleiner elektrischer Impulsgeber überall in den Vorhöfen ersetzt, die zu willkürlichen Kontraktionen der Vorhöfe führen. In der Folge kommt es zu einem unregelmäßigen, üblicherweise zu schnellem Herzschlag. Man kann sich dies als elektrischen Kurzschluss des üblichen Signalwegs durch die Vorhöfe vorstellen.
Vorhofflimmern ist vermutlich die häufigste Arrhythmie, die einer medizinischen Behandlung bedarf. Zu den möglichen Ursachen zählen u. a. Erkrankungen des Herzens (z. B. Angina pectoris und Myokardinfarkt) und der Herzklappen sowie Hypertonie (hoher Blutdruck). Diese können Überdehnungen und Vernarbungen der Vorhöfe bewirken, die zu Störungen des Reizleitungssystems des Herzens führen. Vorhofflimmern kann auch als Begleiterkrankung anderer Erkrankungen (z. B. der Lunge oder der Schilddrüse) auftreten. Vorhofflimmern kann letztlich auch bei ansonsten gesunden Personen ohne erkennbare Ursache (idiopathische AF) oder ohne erkennbare Grundkrankheit (lone AF) auftreten. Vorhofflimmern kann in jedem Alter auftreten, jedoch nimmt die Erkrankungshäufigkeit mit zunehmendem Alter zu. Nach aktuellen Schätzungen leiden mindestens fünf Prozent der Personen über 75 Jahren an Vorhofflimmern. Vorhofflimmern tritt bei Frauen wie bei Männern etwa gleich häufig auf.
Vorhofflimmern kann sporadisch (paroxysmale AF) auftreten. Manche Patienten sind in der Lage, einen reproduzierbaren Auslöser für Vorhoflimmer-Episoden zu identifizieren, beispielsweise den Genuss alkoholischer Getränke, Verdauungsstörungen, Schlaf oder andere Aktivitäten. Bei den meisten Patienten treten Vorhofflimmer-Episoden jedoch ohne einen solchen reproduzierbaren, offensichtlichen Auslöser auf. Vorhofflimmern kann auch dauerhaft vorliegen (chronische AF) und mit einer Vielzahl unterschiedlicher Symptome einhergehen. Am häufigsten werden Herzklopfen (Palpitationen) oder das Gefühl eines willkürlichen oder unregelmäßigen Herzschlags beobachtet. Weitere Symptome sind Erschöpfungszustände, Belastungsintoleranz, Kurzatmigkeit, Schwindelanfälle sowie Schmerzen und Druckgefühle in der Brust. Erstaunlicherweise sind sich manche Erkrankte mit Vorhofflimmern keinerlei Unregelmäßigkeit in ihrem Herzschlag bewusst und führen ihr Leben ohne jede Wahrnehmung einer Beeinträchtigung.
Die vermutlich schwerwiegendste Komplikation von Vorhofflimmern ist die Bildung von Blutgerinnseln im linken Vorhof. Ursächlich hierfür ist die aufgrund des Vorhofflimmerns reduzierte Pumpleistung der Vorhöfe, wodurch ein gewisses Blutvolumen in den selbigen verbleibt, anstatt hindurch zu fließen. Diese Blutgerinnsel können sich lösen und an einer beliebigen Stelle des Körpers den Blutstrom verstopfen, wodurch es zu Schäden in der entsprechenden Körperregion kommt. Geschieht dies im Hirn, kann es zu einem Schlaganfall kommen. Der behandelnde Arzt sollte eingehend beraten, ob Medikamente zur Verhinderung von Blutgerinnseln eingenommen werden müssen. Üblicherweise werden zu diesem Zweck Blutverdünner eingesetzt.
Bei manchen Patienten führen Vorhofflimmer-Episoden von mehreren Monaten Dauer und hohen Herzfrequenzen einer gewißen Schwächung des Herzmuskels. Kürzere Episoden verursachen nur dann Probleme, wenn sie mit einer sehr hohen Herzfrequenz (mehr als 150 Schläge je Minute) einhergehen oder wenn der Patient zusätzlich an weiteren schwerwiegenden Herzerkrankungen leidet. Üblicherweise führen Vorhofflimmer-Episoden zu keiner anderweitigen Schädigung des Herzens.
Bei den meisten Patienten ist eine ein- oder mehrmalige Anpassungen oder Änderungen der Medikation an die spezifischen Bedürfnisse erforderlich. Es kann unmöglich vorhergesagt werden, ob ein bestimmtes Medikament bei einem bestimmten Patienten zum gewünschten Erfolg führt oder nicht.
Vorhofflimmern kann sich als drastische Beeinträchtigung der Lebensqualität erweisen und erfordert möglicherweise mehrere Anpassungen der Medikation und/oder andere Behandlungen, bis das Problem unter Kontrolle ist. Vorhofflimmern an sich stellt bei angemessener Behandlung im Allgemeinen keinen lebensbedrohlichen Zustand dar; die meisten Patienten leben ein normales Leben ohne weitere Einschränkungen, sofern keine anderen schwerwiegenden Gesundheitsprobleme vorliegen. Grundsätzlich ist jedoch zu berücksichtigen, dass Vorhofflimmern mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergehen kann.