Psychosomatik
Manche Phänomene, wie das Erröten der Gesichtshaut bei Schamgefühl oder heftiges Herzklopfen und Feuchtwerden der Handflächen, wenn man an die bevorstehende Prüfung nur denkt, sind für die meisten Menschen völlig nachvollziehbar und natürlich. Auch wenn man sich unsere Redewendungen ansieht, erkennt man, dass Zusammenhänge zwischen Körper und Geist schon lange bekannt sind („Unter die Haut gehen“, „Jemandem das Herz ausschütten“,...).
Jeder Gedanke und jedes Gefühl sind biochemisch gesehen eine Ausschüttung von Neurotransmittern (= Botenstoffe zwischen Nervenzellen) im Gehirn. Man weiß, dass Nervenzellen weiters nicht nur miteinander kommunizieren, sondern, dass es sehr komplizierte Verbindungen zwischen Nervenzellen, Hormonen, Immunsystem, Darmbakterien etc. gibt. Die Art und Weise wie beispielsweise unser Nerven- und Hormonsystem mit Stress umgeht, ist entscheidend von unseren früheren Erfahrungen und damit auch dem sozialen und kulturellen Umfeld abhängig.
Man könnte unzählige Beispiele nennen in denen viele verschiedene Faktoren zu körperlichen Beschwerden führen- auch abseits der früher als „klassisch psychosomatisch“ geltenden Krankheiten wie Magengeschwüren oder Asthma.
Beispiel: Herr Müller bekommt durch chronischen arbeitsbedingten Stress Muskelverspannung und in weiterer Folge Rückenschmerzen. Er macht dadurch keinen Sport mehr mit Freunden wie sonst und es kommt zu einem gewissen sozialen Rückzug. Durch die Rückenschmerzen muss immer wieder Krankenstand in Anspruch genommen, was schließlich den arbeitsbedingten Stress noch verstärkt. Es erscheint hier recht logisch, dass eine medikamentöse Therapie mit einem muskelentspannenden Medikament wohl kaum das Problem an der Wurzel packt.
Unter einer „psychosomatischen“ Erkrankung zu leiden, heißt keineswegs, sich Symptome einzubilden oder gar „verrückt“ zu werden.
Ganz im Gegenteil, wenn man genauer darüber nachdenkt, gibt es vermutlich kaum Erkrankungen, deren Verlauf nicht durch Körper, Psyche und das Umfeld beeinflußt wird.
Zusammenfassend sehe ich Gesundheit und Krankheit immer als das Resultat in einem biopsychosoziokulturellen Kontext.