Darstellung der Darmschleimhaut mit Darmbakterien (Mikrobiom)
TLFurrer/shutterstock.com

Wie Darmbakterien Biomoleküle verschicken

Die Stoffwechselprodukte der Darmbakterien wirken in vielfältiger Weise: Sie trainieren etwa unsere Immunzellen, steuern Stoffwechselprozesse im Körper und tragen höchstwahrscheinlich zur Entstehung von neurologischen- oder Krebserkrankungen bei. Wie Bakterienstoffe jedoch in entfernte Organe wie der Leber oder das Gehirn gelangen, war bislang nicht geklärt. Vermutet wird, dass als Transportmittel kleine Kapseln (Membranbläschen oder Vesikel) verwendet werden, die mit bakteriellen Enzymen, Proteinen oder auch RNA-Erbmolekülen gefüllt sind.

Ein internationales Wissenschaftsteam hat jetzt an Mäusen untersucht, wie Bakterien ihre Stoffwechselprodukte in solchen Vesikeln verteilen. Dazu besiedelten die ForscherInnen den Darm von Mäusen mit E.-coli-Bakterien, die eine bestimmte Genschere produzierten (Cre) und diese über Vesikel in die Umgebung abgaben. Die Mäuse besaßen in Körperzellen ein Gen für ein rotes Leuchtprotein, das durch die Genschere aktiviert werden konnte (Cre/LoxP-System). So konnte das Ziel der Vesikel, die von einzelnen Zellen des Darms, der Leber, der Milz, des Herzens, der Nieren sowie von Immunzellen aufgenommen wurden, nachverfolgt werden. Sogar einzelne Nervenzellen des Gehirns leuchteten rot auf.
Die Fluoreszenzbilder wiesen auch darauf hin, dass die Vesikel wahrscheinlich über den Blutstrom im Körper verteilt werden.

Bioaktive Bakterienstoffe wurden auch von den Stammzellen der Darmschleimhaut aufgenommen, was bedeutet, dass Darmbakterien womöglich sogar dauerhaft die Eigenschaften der Darmschleimhaut verändern können. Der neue Ansatz könnte jetzt helfen, den Einfluss von Darmbakterien auf Krankheiten besser zu verstehen und die Entwicklung von neuartigen Verabreichungsformen von Medikamenten oder Impfstoffen zu fördern.

Referenz:
Universität Frankfurt, Universität Erlangen-Nürnberg, University of California
Visualizing transfer of microbial biomolecules by outer membrane vesicles in microbe-host-communication in vivo, J Extracell Vesicles 2021; https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/jev2.12159?af=R

#mikrobiom #darm #genetik #stoffwechsel #darmbakterien #stammzellen #gesundheit #medizin #medimpressions

  • Autor

    Dr. Rosalia Rutter

    Medizinjournalistin

    Dr. Rosalia Rutter ist eine freie Medizinjournalistin mit einem Studium der Ernährungswissenschaften und Biochemie an der Universität Wien. Sie verfügt über langjährige Expertise im Verfassen medizinischer Inhalte.

Das könnte Sie auch interessieren
Hüftschmerzen

Hüftschmerzen

Beschwerden im und um das Hüftgelenk sind ein weit verbreitetes Problem und betre:en nahezu jeden Menschen irgendwann im Laufe des Lebens. Der Schmerzursprung kann direkt im Gelenk liegen oder in den umgebenden Strukturen.

Pap-Abstrich

Pap-Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs

Der Pap-Abstrich ist eine gynäkologische Routineuntersuchung zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs und zählt zu den erfolgreichsten Krebstests überhaupt. Seit seiner Einführung konnte die Sterblichkeitsrate dieser Erkrankung um zwei Drittel gesenkt werden.

HPV Infektion (Humane Papillomaviren)

HPV (Humane Papillomaviren)

Humane Papillomaviren (HPV) sind DNA-Viren, die vorwiegend durch direkten Schleimhautkontakt übertragen werden und verschiedene Erkrankungen verursachen können – von harmlosen Warzen bis hin zu bösartigen Tumoren.

HPV-Test - Laborproben

HPV-Test: Ablauf, Kosten und Risiken auf einen Blick

Der HPV-Test ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bestandteil der gynäkologischen Vorsorge geworden. Er ermöglicht es, Infektionen mit dem Humanen Papillomavirus (HPV), die zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs führen können, frühzeitig zu erkennen.