Zusammenfassung
Factbox – Tremor
Definition: rhythmisches Muskelzittern, das sich nicht willentlich unterdrücken lässt
Ursachen: Erkrankungen: Morbus Parkinson, essentieller Tremor, Dystonie, Morbus Wilson, Mittelhirn-Schädigung, Multiple Sklerose, Diabetes mellitus, Schilddrüsenüberfunktion, Niereninsuffizienz, Erkrankungen der Leber, Erkrankungen oder Schäden am Kleinhirn, Unterzuckerung, Drogenentzug, Alkoholmissbrauch oder -entzug, Vitamin-B12-Mangel, Kaliummangel; psychische Faktoren; Medikamente: Antidepressiva, Neuroleptika, Lithium, Schilddrüsenhormone, Antiarrhythmika, Blutdruck-Medikamente, Immunsuppressiva, Zytostatika, Antiöstrogene, Sympathomimetika, Kortison, Antiepileptika; Substanzen: Alkohol, Kaffee
Diagnose: Anamnese, neurologische Untersuchung, Blut- und Urinuntersuchungen, EEG, MRT
Behandlung: Medikamente, tiefe Hirnstimulation
Was ist Tremor?
Tremor ist ein medizinischer Begriff und steht für eine unwillkürliche, meist rhythmische, zitternde Bewegung eines Körperteils wie etwa der Hände, der Beine, des Kopfes oder der Stimmbänder. Das Zittern entsteht, wenn sich entgegengesetzt wirkende Muskelgruppen wiederholt zusammenziehen und entspannen. Wichtig zu wissen ist auch, dass alle Menschen bei jeder Bewegung ein bisschen zittern, doch das bemerkt man in der Regel nicht. Dieser so genannte physiologische Tremor ist normal und harmlos. Ebenso normal ist das Zittern als natürliche Körperreaktion – etwa auf Kälte. Es kann aber auch durch Medikamente oder Erkrankungen wie Morbus Parkinson ausgelöst werden.
Wenn das Zittern stark ausgeprägt ist, werden auch so banale Dinge wie ein Glas zum Mund führen oder einen Stift zu halten fast unmöglich. Manchmal lässt sich der Tremor durch Medikamente positiv beeinflussen. Aber bei vielen Betroffenen genügt diese Behandlung nicht. Für diese Fällen gibt es andere Behandlungsmethoden wie die Tiefe Hirnstimulation, die helfen kann. Ein soziales Problem, das oft mit einem ausgeprägten, nicht behandelten oder nicht behandelbaren Tremor einhergeht, ist die Tatsache, dass nicht wenige Betroffene sich immer mehr aus der Gesellschaft zurückziehen, weil sie unter dem sichtbaren Stigma leiden. Daher ist es wichtig, sich bei dieser Problematik an eine Ärztin/einen Arzt zu wenden, um mögliche Ursachen feststellen und das Zittern behandeln zu können. Das gilt auch für ältere Menschen, die oft der Überzeugung sind, dass Zittern einfach zum Altwerden „dazugehört“.
Welche Formen gibt es?
Ein Tremor kann in Ruhe, bei abgestützten Armen und Beinen, beim Halten etwa der Arme nach vorne oder bei ungerichteten oder zielgenauen Bewegungen auftreten. Er lässt sich je nach Ausprägung, Ort des Auftretens oder nach Situationen, die ihn auslösen, beschreiben.
Die verschiedenen Formen sind:
- Haltetremor: Dieser Tremor tritt beim Heben des betroffenen Körperteils auf.
- Bewegungstremor: Dieser Tremor tritt bei Bewegung des betroffenen Körperteils auf.
- Ruhetremor: Dieser Tremor erscheint im ruhigen und aufgestützten Körperteil – zum Beispiel dem auf einer Sessellehne liegenden Arm.
- Intentionstremor (zerebrellärer Tremor): Dieser Tremor tritt bei Annäherung eines Körperteils an ein Ziel auf. Diese Form des Tremors kann als wildes Schlagen sehr ausgeprägt oder als feines Zittern kaum spürbar sein. Er kann schnell oder langsam sein, und das Zittern kann am ganzen Körper auftreten oder nur bestimmte Körperteile wie Hände, Füße, Kiefer, Kopf oder Stimme betreffen.
Ein Tremor kann also in bestimmten Situationen auftreten, beim Ausführen einer Tätigkeit wie dem Schreiben (aufgabenspezifischer Tremor) oder wenn man eine bestimmte Haltung einnimmt (positionsspezifischer Tremor).
Außerdem wird das Zittern noch je nach Frequenz und Intensität in verschiedene Formen eingeteilt:
- niederfrequenter Tremor mit einer Frequenz von weniger als vier Ausschlägen pro Sekunde (4 Hz)
- mittelfrequenter Tremor mit einer Frequenz von 4 bis 7 Hz
- hochfrequenter Tremor, der sich als feines Zittern mit bis zu 15 Hz äußert.
Die häufigste Form ist der sogenannte essentielle Tremor, der umgangssprachlich auch oft Alterstremor genannt wird. Er betrifft meistens beide Arme und Hände, manchmal aber auch den Kopf. Er tritt vor allem bei Bewegung und beim Halten auf und tritt oft familiär gehäuft auf. Deshalb vermutet man, dass genetische Faktoren dabei eine Rolle spielen. Die genauen Ursachen sind jedoch unbekannt.
Welche Ursachen gibt es?
Die Ursachen der verschiedenen Formen sind sie äußerst vielfältig, nicht vollständig erforscht und bei den meisten Formen kennt man die genaue Ursache nicht. Eine Ausnahme bildet hier der Tremor, der durch einen Mangel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn bei Morbus Parkinson ausgelöst wird.
Folgende Auslöser kann es für einen Tremor geben:
- Morbus Parkinson
- Dystonie (neurologische Bewegungsstörung)
- Morbus Wilson (Kupferstoffwechselstörung)
- Mittelhirn-Schädigung (Holmes-Tremor)
- Multiple Sklerose
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenüberfunktion
- Niereninsuffizienz
- Erkrankungen der Leber
- Erkrankungen oder Schäden am Kleinhirn
- Erkrankungen des peripheren Nervensystems
- Unterzuckerung
- Drogenentzug
- chronischer Missbrauch von Alkohol oder Alkoholentzug
- Vitamin-B12-Mangel
- Kaliummangel
Außerdem kann der Tremor auch psychogen sein. Das bedeutet, dass das Zittern durch psychische Faktoren verursacht ist. Man spricht dann manchmal auch von einem funktionellen Tremor. Typisch ist unter anderem, dass dieser Tremor plötzlich auftritt, sich spontan zurückbildet und oft nicht rhythmisch ist.
Auch Medikamente und Substanzen können einen Tremor auslösen. Diese sind:
- Antidepressiva
- Neuroleptika
- Lithium
- Schilddrüsenhormone
- Antiarrhythmika
- einige Blutdruck-Medikamente
- Immunsuppressiva
- Zytostatika, Antiöstrogene
- Sympathomimetika, Kortison
- Antiepileptika
- Alkohol
- Kaffee
Wer kann einen Tremor behandeln?
Für die Diagnose wendet man sich am besten an die/den Hausärztin/Hausarzt oder eine/n Neurologin/Neurologen. Es ist wichtig, die mögliche Ursache des Zitterns abzuklären, denn unter Umständen steht eine Erkrankung hinter dem Zittern, oder Medikamente lösen es aus. Solche Ursachen sind behandelbar.
Im Anamnesegespräch wird gefragt, ob Familienangehörige ebenfalls an einem Tremor leiden, wann das Zittern auftritt, ob man weitere Beschwerden wie etwa eine allgemeine Verlangsamung oder eine Gangunsicherheit hat, ob man unter bestimmten Erkrankungen leidet, ob man regelmäßig Alkohol oder andere Drogen konsumiert und ob das Zittern in bestimmten Situationen auftritt. Weitere Untersuchungen, die zum Einsatz kommen können, sind eine vollständige neurologische Untersuchung, bei der auch Nervenfunktionen, Sinnesorgane, Reflexe und Koordinationsfähigkeit geprüft werden. Außerdem können Blut- und Urinuntersuchungen, eine Elektroenzephalographie (EEG) und eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Für die Behandlung eines Tremors werden verschiedene Medikamente eingesetzt. Wenn sich dadurch keine Besserung ergibt, kommt manchmal das operative Verfahren der tiefen Hirnstimulation (THS) zum Zug. Umgangssprachlich wird die THS auch als Hirnschrittmacher bezeichnet. Sie ist heute eine fest etablierte Behandlung von Bewegungsstörungen, bei der man mit einer kontinuierlichen, hochfrequenten elektrischen Stimulation von bestimmten Gehirnbereichen arbeitet. Wichtig zu wissen ist auch, dass die THS nur eine symptomatische Behandlung ist. Sie hat keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Erkrankung. Grundsätzlich richtet sich die Behandlung nach der Art des krankhaften Zitterns.
Essenzieller Tremor
Hier kommen die Medikamente Primidon und/oder Propranolol zum Einsatz. Als Zweitlinientherapie kommen Topiramat und Gabapentin in Frage. Weiters werden manchmal Clonazepam und Botulinum-Toxin eingesetzt. Die tiefe Hirnstimulation ist schweren bzw. therapieresistenten Fällen vorbehalten.
Parkinson-Tremor
Zuerst müssen die Parkinson-Symptome Akinese (Bewegungsarmut) und der Rigor (gesteigerte Grundspannung der Skelettmuskulatur) behandelt werden. Dadurch bessert sich der Tremor in der Regel. Gegebenenfalls kann dann noch die dopaminerge Behandlung gesteigert oder Clozapin gegeben werden. Ebenfalls zum Einsatz kommen können Anticholinergika, Propranolol, Budipin sowie die tiefe Hirnstimulation.
Zerebrellärer Tremor
Fallweise kommt in diesen Fällen die tiefe Hirnstimulation zum Einsatz.
Orthostatischer Tremor
Hier können Gabapentin und Clonazepam eingesetzt werden.
Dystoner Tremor
Vor allem der Kopf- und Stimmtremor können mit Botulinumtoxin (Botox) behandelt werden. Ebenfalls zum Einsatz kommen können Medikamente, die auch zur Behandlung der Dystonie verwendet werden. Fallweise arbeitet man auch mit der tiefen Hirnstimulation.
Holmes-Tremor
Dodominergika, Anticholinergika, Clozapin und die tiefe Hirnstimulation können eingesetzt werden.
Neuropathischer Tremor
Hier steht die Behandlung der Grundkrankheit im Vordergrund. Falls dann ein Tremor verbleibt, kann mit Primidon, Propranolol und Pregabalin und bei schwerster Ausprägung mit tiefer Hirnstimulation therapiert werden.
Psychogener Tremor
Für diese Art des Tremors gibt es Versuche der Behandlung mit Antidepressiva.
Was kann man selbst dagegen tun?
Das Auftreten eines Tremors kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Die ärztliche Abklärung und Behandlung des krankhaften Zitterns sind sehr wichtig. Trotzdem kann man selbst auch etwas tun, um den Tremor zu bessern. Hilfreich sein können:
- Meditation, Yoga, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Autogenes Training können leichte Verbesserungen bringen.
- Ergotherapie kann helfen, einen besseren Umgang mit dem Zittern zu erlernen und im Alltag wieder mehr Sicherheit zu gewinnen.
FAQ
Unter Tremor versteht man ein rhythmisches Muskelzittern, das sich nicht willentlich unterdrücken lässt. Das Zittern entsteht durch das Zusammenspiel von zwei gegenläufig wirkenden Muskeln. Der Tremor kann eine natürliche Körperreaktion, aber auch Symptom für eine Erkrankung sein.
Man unterscheidet folgende Arten:
- Haltetremor
- Bewegungstremor
- Ruhetremor
- Intentionstremor (zerebrellärer Tremor)
Folgende Auslöser kann es für einen Tremor geben:
- Morbus Parkinson
- Dystonie (neurologische Bewegungsstörung)
- Morbus Wilson (Kupferstoffwechselstörung)
- Mittelhirn-Schädigung (Holmes-Tremor)
- Multiple Sklerose
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenüberfunktion
- Niereninsuffizienz
- Erkrankungen der Leber
- Erkrankungen oder Schäden am Kleinhirn
- Erkrankungen des peripheren Nervensystems
- Unterzuckerung
- Drogenentzug
- chronischer Missbrauch von Alkohol oder Alkoholentzug
- Vitamin-B12-Mangel
- Kaliummangel
Auch Medikamente und Substanzen können einen Tremor auslösen. Diese sind:
- Antidepressiva
- Neuroleptika
- Lithium
- Schilddrüsenhormone
- Antiarrhythmika
- einige Blutdruck-Medikamente
- Immunsuppressiva
- Zytostatika, Antiöstrogene
- Sympathomimetika, Kortison
- Antiepileptika
- Alkohol
- Kaffee
Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinie Tremor. Stand: 30. September 2012 (in Überarbeitung), https://dgn.org/leitlinien/ll-13-2012-tremor/, Abruf Juni 2022
Bötzel K et al: Differenzialdiagnose und Therapie des Tremors. Dtsch Arztebl Int 2014; 111(13): 225-36; DOI: 10.3238/arztebl.2014.0225, Abruf Juni 2022
https://deximed.de/home/klinische-themen/neurologie/patienteninformationen/bewegungsstoerungen/zittern-essentieller-tremor, Abruf Juni 2022
https://www.msdmanuals.com/de/heim/störungen-der-hirn-,-rückenmarks-und-nervenfunktion/bewegungsstörungen/tremor, Abruf Juni 2022