Schock Kreislaufversagen
Foto: Gorodenkoff/shutterstock

Schock – ein medizinischer Notfall

Ein Schock ist eine schwere Kreislaufstörung, bei der der Körper nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt wird. Als Folge kommt es zu einer Unterversorgung sämtlicher Organe und letztlich zum Stoffwechselversagen. Ein Schock ist ein lebensbedrohlicher Zustand und wenn er nicht behandelt wird, führt er innerhalb kürzester Zeit zum Tod.

Zusammenfassung

Factbox – Schock

Synonyme: Schock, Kreislaufschock, hypovolämischer Schock, distributiver Schock, kardiogener Schock, obstruktiver Schock, anaphylaktischer Schock, septischer Schock, neurogener Schock, ….

Definition: schwere Kreislaufstörung, bei der der Körper nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt wird. Lebensbedrohlicher Zustand!

Ursachen: hypovolämischer Schock: extremer Flüssigkeitsverlust z.B. durch schwere Verbrennungen und stumpfe Traumata; distributiver Schock: unkontrollierte Weitstellung der Blutgefäße und damit verbundener starker Blutdruckabfall z.B. durch allergische Reaktionen auf Medikamente, Insektenstiche, Nahrungsmittel; schwere Verletzungen oder akute Erkrankungen von Gehirn und Rückenmark, Blutvergiftung; kardiogener Schock: Herzversagen durch KHK, Herzinfarkt, chronische Herzinsuffizienz; obstruktiver Schock: akuter Verschluss eines großen Blutgefäßes durch Lungenembolie, Herzbeuteltamponade, Spannungspneumothorax

Symptome: Blutdruckabfall; beschleunigter oder deutlich verlangsamter Herzschlag; Haut: blass, kaltschweißig oder gerötet, heiß oder blass, warm, trocken oder gerötet, überwärmt, juckend, evtl. geschwollen; Puls kaum tastbar; Atmung beschleunigt und erschwert; Unruhe, Nervosität, Angst, Zittern, Bewusstseinsstörungen, Bewusstlosigkeit

Erste Hilfe: Betroffenen ansprechen und anfassen, Beine erhöht lagern, abschirmen, stabile Seitenlage, zudecken, beruhigen, Herz-Lungen-Wiederbelebung

Diagnose: Bluttests, Blutkulturen, Kulturen anderer Körperflüssigkeiten, Elektrokardiographie und andere bildgebende Verfahren

Behandlung: Stillen jeder Blutung, Sauerstoffgabe,  intravenöse Flüssigkeiten und/oder Bluttransfusionen, Medikamente, die den Blutdruck erhöhen; PTCA, Operationen, Antibiotika, Kortikosteroide,…

Was ist ein Schock?

Ein Schock ist medizinisch gesehen – anders als psychologisch gemeint – keine psychische Ausnahmesituation, sondern eine akute Kreislaufstörung: Lebenswichtiges Gewebe wird nicht mehr ausreichend durchblutet, und dadurch kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff. Betroffene werden in der Folge bewusstlos und es droht Organversagen. Zum Schock kommt es, wenn der Blutdruck so niedrig wird, dass die Körperzellen nicht ausreichend mit Blut versorgt werden und daher auch zu wenig Sauerstoff bekommen. In Folge funktionieren Zellen in Gehirn, Nieren, Leber und Herz nicht mehr normal. Wenn die Durchblutung nicht schnell genug wieder hergestellt wird, werden sie unwiederbringlich geschädigt und sterben ab. Das Fatale daran ist, dass bei einer zu starken Schädigung der Zellen das entsprechende Organ versagen kann. Das bedeutet auch, dass die betreffende Person sterben kann. Menschen, die einen Kreislaufschock haben, müssen sofort in eine Notaufnahme und intensivmedizinisch versorgt werden.

Es gibt verschiedene Arten des Schocks:

Hypovolämischer Schock (unterteilt sich in vier Untergruppen):

  • hämorrhagischer Schock infolge akuter Blutung ohne wesentliche Gewebeschädigung
  • traumatisch-hämorrhagischer Schock infolge akuter Blutung mit Gewebeschädigung
  • hypovolämischer Schock im engeren Sinn infolge einer kritischen Abnahme des zirkulierenden Plasmavolumens ohne akute Blutung
  • traumatisch-hypovolämischer Schock infolge kritischer Abnahme des zirkulierenden Plasmavolumens ohne akute Blutung durch Gewebeschädigung und Freisetzung von Mediatoren

Distributiver Schock (unterteilt sich in drei Untergruppen):

  • anaphylaktischer bzw. allergischer Schock infolge einer schweren allergischen Reaktion
  • neurogener Schock infolge von schweren Verletzungen oder akuten Erkrankungen von Gehirn und Rückenmark
  • septischer Schock infolge einer Blutvergiftung

Kardiogener Schock

Obstruktiver Schock

Die vier Hauptarten des Schocks lassen sich schwerpunktmäßig vier Organsystemen zuordnen:

  • Blut- und Flüssigkeitskompartiment
  • Gefäßsystem
  • Herz
  • Kreislaufsystem

Daraus erklärt sich auch, dass die unterschiedlichen Schockarten unterschiedliche Ursachen haben und jeweils einer spezifischen Therapie bedürfen.

Welche Ursachen gibt es?

Die Auslöser eines Schocks sind vielfältig. Es gilt, die verschiedenen Arten des Schocks zu berücksichtigen.

Ein hypovolämischer Schock wird durch extremen Flüssigkeitsverlust hervorgerufen. Als Folge ist zu wenig Blutvolumen in den Blutgefäßen vorhanden. Typische Auslöser für diese Art des Schocks sind schwere großflächige Verbrennungen, stumpfe Traumata und Polytraumata.

Ein distributiver Schock wird durch eine unkontrollierte Weitstellung der Blutgefäße und dem damit verbundenen starken Blutdruckabfall hervorgerufen. Typische Auslöser für den anaphylaktischen Schock sind allergische Reaktionen auf Medikamente, Insektenstiche oder Nahrungsmittel. Typische Auslöser für den neurogenen Schock sind schwere Verletzungen oder akute Erkrankungen von Gehirn und Rückenmark. Sie können zum Ausfall der nervenbedingten Blutdruckregulation und zum extremen Blutdruckabfall führen. Ein typischer Auslöser für den septischen Schock ist eine Blutvergiftung, bei der die Blutdruckregulation ausfällt, wodurch eine Schocksymptomatik ausgelöst wird.

Ein kardiogener Schock wird durch Herzversagen hervorgerufen. Typische Ursachen sind die koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt und chronische Herzinsuffizienz, die zum Versagen der Pumpleistung des Herzens führen können.

Ein obstruktiver Schock wird durch einen akuten Verschluss eines großen Blutgefäßes hervorgerufen. Dadurch kann der Blutkreislauf nicht mehr aufrecht erhalten werden. Typische Auslöser für diese Art des Schocks sind Lungenembolie, Herzbeuteltamponade (das Herz wird zusammengedrückt und kann daher nicht mehr ausreichend Blut pumpen) und Spannungspneumothorax (es sammelt sich Luft zwischen Brustwand und Lunge an und erhöht den Druck im Brustkorb. Dadurch wird die Blutmenge, die ins Herz zurückgeleitet wird, verringert).

Wie äußert sich ein Schock? 

Ein Schock kann sich auf vielfältige Art und Weise äußern. Typische Symptome sind unter anderem:

  • Blutdruckabfall
  • Herzschlag: Beschleunigung des Herzschlags (Tachykardie) außer bei neurogenem Schock: hier ist der Herzschlag deutlich verlangsamt (Bradykardie)
  • Haut: blasse, kaltschweißige Haut bei hypovolämischem und kardiogenem Schock; gerötete, heiße Haut bei septischem Schock; blasse, warme, trockene Haut bei neurogenem Schock; Rötung, Überwärmung, Juckreiz, evtl. Schwellung bei anaphylaktischem Schock.
  • kaum tastbarer Puls
  • beschleunigte Atmung, subjektiv erschwerte Atmung
  • Unruhe, Nervosität, Angst, Zittern
  • Bewusstseinsstörungen wie Apathie
  • Bewusstlosigkeit

Schock – was tun?

Wenn man vermutet, dass jemand einen Schock hat, muss man sofort die Rettung rufen und Erste Hilfe leisten:

  • Betroffene Person ansprechen und anfassen (Bewusstsein kontrollieren, indem man ihn oder sie deutlich anspricht und vorsichtig an den Schultern rüttelt)
  • Wenn er/sie bei Bewusstsein ist, hinlegen, Beine erhöht lagern und zudecken, damit aus den erhöhten Beinen Blut zum Gehirn und den Organen fließen kann.
  • Aufregung und Unruhe unbedingt vermeiden (Betroffene gegebenenfalls abschirmen)
  • Bei Bewusstlosigkeit und vorhandener normaler Atmung laut Hilfe rufen, um Umstehende auf die Notfallsituation aufmerksam zu machen.
  • stabile Seitenlage ausführen
  • Betroffene Person zudecken
  • Ihn oder sie bis zum Eintreffen der Rettung beruhigen, betreuen, trösten und beobachten sowie immer wieder Bewusstsein und Atmung kontrollieren
  • Bei Bewusstlosigkeit und fehlender normaler Atmung Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen

Bei Eintreffen des Notfallteams ist es wichtig, dieses gegebenenfalls darüber zu informieren, ob der/die Betroffene etwa kurz vorher etwas Spezielles gegessen hat, ob er/sie von einem Insekt gestochen wurde oder eine Herzerkrankung hat. Ebenfalls wichtig sind Informationen über einen etwaigen Unfall, eine kurz zurückliegende Operation oder einen Infekt. All das liefert der Ärztin/dem Arzt wertvolle Hinweise für die Diagnose und Behandlung des Betroffenen.

Wie wird ein Schock diagnostiziert?

Die Diagnose stützt sie sich in erster Linie auf den Nachweis eines Organschadens, der während der ärztlichen Untersuchung festgestellt wurde. Betroffene können zum Beispiel:

  • sich Dingen weniger bewusst sein
  • keinen Urin mehr produzieren
  • bläuliche Finger oder Zehen aufweisen
  • Herzrasen haben oder schnell atmen oder stark schwitzen

Spezifische Untersuchungen, die zum Einsatz kommen können, sind:

  • Bluttest (Lactatkonzentration): Er misst die Menge an Abfallprodukten der zellulären Aktivität im Blut, und wenn der Lactatspiegel erhöht ist, so deutet das darauf hin, dass die Organe nicht genügend Sauerstoff und Blut erhalten und die Person vielleicht im Schockzustand ist.
  • Bluttests, die eine hohe oder niedrige Anzahl von weißen Blutkörperchen, Bakterien oder anderen Mikroorganismen im Blut anzeigen: Sie können helfen, festzustellen, ob die Person eine Infektion hat, die einen septischen Schock verursachen könnte. Ein hoher Kreatininspiegel etwa kann darauf hinweisen, dass die Nieren beschädigt sind, und hohe Konzentrationen von Troponin (einem kardialen Biomarker) können andeuten, dass das Herz beschädigt ist.
  • Andere Tests, je nachdem was die wahrscheinliche Ursache des Schocks ist: zum Beispiel Blutkulturen und Kulturen anderer Körperflüssigkeiten, wenn eine schwere Infektion vermutet wird.
  • Elektrokardiographie und andere bildgebende Verfahren: Sie kommen zur Darstellung des Herzens zum Einsatz, wenn die/der Betroffene Symptome eines Herzproblems zeigt.

Wie wird ein Schock behandelt?

Erste Maßnahmen zur Behandlung eines Schocks sind das Stillen jeder Blutung, die Gabe von Sauerstoff,  intravenösen Flüssigkeiten und/oder Bluttransfusionen sowie manchmal die Gabe von Medikamenten, die den Blutdruck erhöhen.

Manchmal reichen diese Maßnahmen aber nicht aus, um die Folgen eines Schocks auszugleichen – zum Beispiel bei schweren Blutungen und anhaltendem Flüssigkeitsverlust, bei einem schweren Herzinfarkt und wenn der Schock durch etwas ausgelöst wurde, das nichts mit dem Blutvolumen zu tun hat.

Dann kommen andere Maßnahmen zum Einsatz, die sich nach der Ursache für den Schock richten. Ist der Schock beispielsweise auf eine schwache Pumpleistung des Herzens zurückzuführen, so muss die Leistungsfähigkeit des Herzens wieder verbessert werden. Ist die Ursache ein Herzinfarkt, so könne die perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) oder die Koronararterien-Bypassoperation zum Einsatz kommen. Eine Operation kann auch dann notwendig werden, wenn die Ursache eine beschädigte Herzklappe oder ein Riss in der Herzwand ist. Liegt eine Herztamponade (zu viel Flüssigkeit, die das Herz zusammenpresst) vor, so kann diese mit einer Nadel oder einer Operation entfernt werden.

Wenn die Ursache des Schocks eine Infektion ist, wird diese mit Antibiotika behandelt und die Quelle der Infektion beseitigt. Wurde der Schock durch Blutungen verursacht, ist es gegebenenfalls notwendig, die Blutung operativ zu stoppen. Handelt es sich um einen anaphylaktischen Schock, wird eventuell ein Kortikosteroid gegeben.

Prognose nach einem Schock

Unbehandelt kann ein Schock tödlich verlaufen. Bei adäquater Behandlung hängt die Prognose von folgenden Faktoren ab:

  • Ursache des Schocks
  • andere Erkrankungen, an denen der Betroffene leidet
  • Vorliegen und Schweregrad eines Organversagens
  • vergangene Zeit bis zum Behandlungsbeginn
  • Art der gegebenen Behandlung Wenn ein Multiorganversagen vorliegt, so besteht ein hohes Risiko, an den Folgen eines Schocks zu versterben, und das Sterblichkeitsrisiko nimmt mit der Zahl der betroffenen Organe zu. Auch wenn der Schock als Folge eines schweren Herzinfarkts auftritt oder wenn ein septischer Schock vorliegt, ist es insbesondere bei älteren Menschen leider wahrscheinlich, dass die betroffene Person stirbt.
  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

S3 Leitlinie „Infarktbedingter kardiogener Schock – Diagnose, Monitoring Therapie“, Stand: 28.02.2019; https://viamedici.thieme.de/lernmodul/8659446/4915570/schock , Abruf Juni 2022

Standl T et al: Nomenklatur, Definition und Differenzierung der Schockformen, Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 757-68; https://www.aerzteblatt.de/archiv/202261/Nomenklatur-Definition-und-Differenzierung-der-Schockformen, Abruf Juni 2022

Hempel D et al: Schock – eine Übersicht für die klinische Praxis, Dtsch Med Wochenschr 2019; 144: 884–891; https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-0828-9675.pdf, Abruf Juni 2022

https://www.amboss.com/de/wissen/schock/, Abruf Juni 2022

https://www.thieme.de/statics/dokumente/thieme/final/de/dokumente/tw_anaesthesiologie/11.1.1_Schock.pdf, Abruf Juni 2022

https://www.msdmanuals.com/de/heim/herz-und-gefäßkrankheiten/niedriger-blutdruck-und-kreislaufschock/kreislaufschock, Abruf Juni 2022

https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/schock/, Abruf Juni 2022

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