Zusammenfassung
Factbox – Morbus Bechterew
Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans, ankylosierende Spondylitis): Chronisch-entzündliche Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, zählt zur Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen (Spondyloarthritiden)
Betrifft: Wirbelsäule und deren Verbindung mit dem Becken und andere Strukturen; mit der Zeit können die betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule durch Verknöcherung zunehmend versteifen
Symptome: Tiefsitzender Rückenschmerz, nächtliche Schmerzen, ausgeprägte Morgensteifigkeit, Bewegungseinschränkungen u. a.
Ursache: Genaue Ursache bislang nicht geklärt; angenommen wird, dass ererbte Anlagen eine wichtige Rolle spielen, überschießende Fehlreaktionen des Immunsystems u. a.
Diagnose: Anamnese, klinische Untersuchungen und Tests, bildgebende Untersuchungen, Blutuntersuchung u. a.
Behandlung: Bewegungstherapie, Gymnastikübungen, Physiotherapie, manuelle Therapie, medikamentöse Therapie u. a.
Ansprechpartner: Arzt für Allgemeinmedizin (Hausarzt), Rheumatologen u. a.
Was ist Morbus Bechterew?
Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans, ankylosierende Spondylitis) zählt zur Gruppe der Spondyloarthritiden (Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, Entzündung der Wirbelsäulengelenke). Entzündungsprozesse führen bei Morbus Bechterew u. a. dazu, dass Gelenke der Wirbelsäule verknöchern. Morbus Bechterew ist Hauptvertreter der entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen.
Von der Erkrankung besonders betroffen sind die Wirbelsäule und deren Verbindung mit dem Becken (Kreuz-Darmbein-Gelenk, Ilio-Sakral-Gelenk) sowie die Verbindungen der Rippen mit den Wirbeln. Die Entzündungs- und Verknöcherungsprozesse und die Versteifung betreffen also vorwiegend die Wirbelsäule selbst, die Kreuz-Darmbein-Gelenke und Bänder zwischen den Wirbelkörpern. Es kommt zu Entzündungen und zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Versteifung im Bereich der Wirbelsäule, was zu teils starken Bewegungseinschränkungen und Veränderungen der Körperhaltung führen kann. Auch Gelenke abseits der Wirbelsäule wie z. B. die Hüft- und Kniegelenke, Sehnenansätze wie z. B. die Achillessehne, die Augen (Entzündung der Regenbogenhaut) und Organe können durch die Krankheit in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Erkrankung verläuft häufig in Schüben, der Verlauf kann von Patient zu Patient unterschiedlich sein.
Spondylitis ankylosans betrifft etwa bis zu 0,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung*. Vom klassischen Bechterew sind mehr Männer als Frauen betroffen (Verhältnis etwa 3:1), meistens tritt Morbus Bechterew zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf.
Ursache
Die genaue Ursache ist nicht bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass ererbte Anlagen eine große Rolle spielen, was nicht damit gleichzusetzen ist, dass die Krankheit erblich ist. Es bedeutet, dass die Anlage Morbus Bechterew zu entwickeln erblich ist. Etwa 90 Prozent der Betroffenen tragen ein spezielles Merkmal, den Genmarker HLA-B27, in sich; die Erkrankung ist also häufig HLA-B27 assoziiert. Der Marker kann allerdings auch bei gesunden Menschen vorkommen, was bedeutet, dass nicht jeder, der den Genmarker trägt zwangsläufig an Morbus Bechterew erkrankt. Bei Patienten mit Morbus Bechterew neigt das Immunsystem zu überschießenden Fehlreaktionen, durch welche körpereigene Strukturen angegriffen werden. Neben diesen genetischen Hintergründen werden noch andere Faktoren diskutiert, welche die Erkrankung möglicherweise mitverursachen, darunter Rauchen.
Symptome
Morbus Bechterew tritt oft in Schüben auf, was bedeutet, dass sich Phasen mit starken Beschwerden und Phasen, in welchen es Betroffenen besser geht abwechseln. Charakteristisch sind Rücken- und Gelenkbeschwerden, Beschwerden im unteren Bereich der Wirbelsäule, tiefsitzender Kreuzschmerz/Rückenschmerz, nächtlicher Schmerz/Schmerz in der zweiten Nachthälfte und Morgensteifigkeit. Häufig lassen die Steifigkeit und Schmerzen in Folge von Bewegung nach. Betroffene stehen häufig auf, um durch Umhergehen und Bewegung Erleichterung zu erfahren, wodurch die Nachtruhe stark gestört werden kann. Ausgehend von den Kreuz-Darmbein-Gelenken können die Schmerzen ins Gesäß ausstrahlen, wo sie sich abwechselnd rechts und links bemerkbar machen. Auch ein Schmerz im Bereich der Ferse, gelegentliche Knie- und Hüftschmerzen und Schmerzen am Brustbein können vorkommen.
Die Krankheit beginnt oftmals schleichend. Betroffene leiden oft über längere Zeit unter entzündlichem Rückenschmerz, der jedoch nicht selten falsch gedeutet wird, was zu einer Verzögerung der Diagnose führen kann. Nach einiger Zeit kann es zu Veränderungen der Körperhaltung und Körperbewegung sowie zu Bewegungseinschränkungen bestimmter Gelenke kommen. In manchen Fällen kommt es zu weiteren Entzündungsreaktionen und entzündlichen Veränderungen. So können auch die Augen, das Herz, die Nieren und andere Organe von der Erkrankung betroffen sein, was sich in verschiedenen Störungen bemerkbar macht. Im späten Stadium kann es zur völligen Versteifung und zu starken Verkrümmungen der Wirbelsäule, zu Wirbelbrüchen und weiteren Folgeerscheinungen und Beschwerden kommen. Aufgrund der heutigen Behandlungsmöglichkeiten schreitet die Erkrankung jedoch meistens nicht mehr bis zu diesem Stadium fort.
Die Auflistung der hier angeführten Symptome dient dem Überblick und kann unvollständig sein, zudem kann ein Symptom bei Auftreten harmlos oder Anzeichen für eine andere Krankheit sein. Auch muss nicht jedes hier angeführte Symptom bei Morbus Bechterew auftreten. Im Zweifelsfall oder bei Verdacht auf eine Erkrankung sollte stets das ärztliche Gespräch gesucht werden.
Diagnose
Grundlegend wichtig bei der Abklärung und für die Diagnose sind die Anamnese und genaue Erfragung und Erfassung der Beschwerden. Weitere wichtige Informationen liefert die klinische Untersuchung, im Rahmen welcher u. a. das Aussehen, die Beweglichkeit und Funktionalität der Wirbelsäule untersucht werden. Der Arzt sieht sich an, wie beweglich der Patient in seiner Wirbelsäule und seinen Gelenken ist, ob bestimmte Bewegungen mit Schmerzen verbunden sind und wo der Rückenschmerz genau lokalisiert ist. Weiters werden bildgebende Untersuchungen (Röntgen und gegebenenfalls Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT)) durchgeführt und es wird eine Blutuntersuchung veranlasst, um Auskunft über diverse Blutparameter (Vorhandensein von HLA-B27, Entzündungswerte etc.) zu erhalten. Welche Tests und Untersuchungen genau durchgeführt werden und wie sich der Weg zur Diagnose im Detail gestaltet richtet sich nach der individuellen Situation.
Therapie
Morbus Bechterew ist nicht heilbar, mit Hilfe einer individuell angepassten Therapie ist es jedoch in vielen Fällen möglich, die Symptome gut zu behandeln, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität Betroffener zu verbessern. Die Behandlung zielt u. a. darauf ab Schmerzen, Gelenksteifigkeit und andere Beschwerden zu reduzieren, die Steifheit und Körperhaltung zu verbessern, strukturellen Schädigungen entgegenzuwirken und die körperliche Funktionsfähigkeit und Beweglichkeit zu erhalten. Wichtig ist, dass Patienten aktiv mitarbeiten und verordnete Therapiemaßnahmen konsequent umsetzen (Mitarbeit bei Bewegungstherapie, konsequente Umsetzung von Bewegungsübungen, Medikament wie verordnet einnehmen etc.).
Die Therapie fußt auf mehreren Säulen. Bausteine der Therapie sind nicht medikamentöse Maßnahmen wie Bewegungstherapie und Bewegungs-/Gymnastikübungen, Physiotherapie und manuelle Therapie, und die medikamentöse Therapie. Im Rahmen der medikamentösen Therapie können je nach Beschwerden und Krankheitsverlauf verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen, darunter z. B. Medikamente aus der Gruppe der nicht steroidalen Antirheumatika, mit Hilfe welcher es in vielen Fällen gelingt, die Beschwerden deutlich zu mildern, Glukokortikoide (Kortison), krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikamente (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs, DMARDs) und Biologika.
Ein sehr wichtiger Bestandteil der Therapie bei Morbus Bechterew ist Bewegung. Einerseits sollten Patienten die verordnete Bewegungstherapie/Gymnastik zuverlässig befolgen, andererseits ist es wichtig, regelmäßig körperlich aktiv zu sein, wobei Sportarten mit ungünstiger Wirkung auf die Wirbelsäule zu meiden sind. Als geeignete Sportarten gelten z. B. Schwimmen, Nordic Walking und Radfahren (mit gut eingestelltem/angepasstem Fahrrad). Nach Stellung der Diagnose ist es ratsam, mit dem Arzt darüber zu sprechen, welche Sportarten geeignet sind. Dies gilt auch für die Ernährung. Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung und ausgewogener Ernährung kann die Therapie günstig beeinflussen. Weitere Therapiemaßnahmen sind u. a. Wärmebehandlungen und Entspannungsübungen.
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