Ein Team unter der Leitung des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat möglicherweise eine Achillesferse des Coronavirus gefunden. Bei den Forschungen ist erneut das Spike (S)-Protein von Interesse, da es den Haupteintrittsmechanismus des Virus in die Wirtszellen darstellt. So bestimmt die Interaktion des SARS-CoV-2 S-Proteins mit dem Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE2) der Wirtszellen die Infektiosität des Virus. Dies erfordert einen Tarnmechanismus, um es vor der Immunantwort des Wirts zu verbergen. Dabei nutzt das Virus einen Glykosylierungsmechanismus an bestimmten Stellen des S-Proteins, um eine Zuckerhülle zu bilden, die das antigene Protein vor der Immunreaktion des Wirts verbirgt.
Jetzt wurden zwei zuckerbindende Proteine (Lektine) gefunden, die den Tarnmechanismus verhindern: Clec4g und CD209c docken dabei nicht irgendwo an, sondern an einer Bindungsstelle, die auch bei eventuellen Virenmutationen nicht verloren gehen kann, da sie für die Funktion der Spikes essentiell ist. Viren wird es damit sehr schwer gemacht, überhaupt in Zellen einzudringen.
Zur Freude des Teams verringerten die beiden Lektine auch die SARS-CoV-2-Infektiosität von menschlichen Lungenzellen. Co-Erstautor Stefan Mereiter: „Dieser Mechanismus könnte in der Tat die Achillesferse sein, auf die die Wissenschaft schon lange gewartet hat.“
Forschungsleiter Josef Penninger: „Der Ansatz ist vergleichbar mit dem Mechanismus des Medikamentenkandidaten „APN01“, das ebenfalls an das Spike-Protein bindet. Wenn das S-Protein von dem Medikament besetzt ist, wird der Zugang zur Zelle blockiert. Jetzt haben wir natürlich vorkommende Lektine von Säugetieren identifiziert, die genau das tun können.“
Referenz:
IMBA Wien, Karolinska Institutet, BOKU Wien, Universität Linz
Pressemeldung Science APA 11.8.2021; Originalpublikation: Identification of lectin receptors for conserved SARS-CoV-2 glycosylation sites, EMBO J 2021; https://www.embopress.org/doi/10.15252/embj.2021108375