Zusammenfassung
Factbox – Legasthenie
Synonyme: Legasthenie, Lese-Rechtschreibstörung, LRS, Dyslexie
Definition: Teilleistungsstörung, bei der Betroffene Schwierigkeiten beim Lesen und der Rechtschreibung haben, die nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun hat, in der Regel nicht heilbar, aber minderbar
Ursachen: genetische, neurobiologische
Anzeichen: niedrige Lesegeschwindigkeit, häufiges Stocken oder Verlieren der Zeile im Text, Auslassen, Vertauschen oder Hinzufügen von Wörtern, Silben oder einzelnen Buchstaben, Schwierigkeiten, den Inhalt des gelesenen Textes wiederzugeben; hohe Fehlerzahl bei Diktaten und beim Abschreiben von Texten, häufig auch viele Fehler in Grammatik und Zeichensetzung, unleserliche Handschrift
Therapie: gezielte frühe Förderung bei speziell ausgebildeten Therapeuten
Was ist Legasthenie?
Die Legasthenie (auch Lese-Rechtschreibstörung, LRS) ist eine Teilleistungsstörung, bei der Betroffene massive Probleme beim Lesen und Rechtschreiben haben, wobei dies nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun hat. Fünf bis sechs Prozent aller Kinder sind von einer solchen spezifischen Lernstörung betroffen, Buben zwei- bis dreimal häufiger als Mädchen.
Von einer LRS spricht man, wenn die Ergebnisse entsprechender Tests zu Lesegenauigkeit, Lesegeschwindigkeit, Leseverständnis und/oder Rechtschreibfertigkeit deutlich unter Vergleichswerten liegen, die aufgrund des Alters, der Intelligenz und der Klassenstufe zu erwarten wären, und wenn sich die LRS negativ auf die schulische Leistung und/oder auf Aktivitäten des täglichen Lebens auswirkt. Es dürfen keine anderen Erkrankungen vorliegen, die zu Lese- und Rechtschreibproblemen führen können. Dazu gehören vor allem Seh- und Hörbeeinträchtigungen, ADHS, Epilepsie und angeborene oder erworbene Hirnschädigungen. Weiters muss die Legasthenie spätestens im Laufe der Grundschulzeit in Erscheinung treten.
Menschen mit einer LRS können geschriebene Sprache nicht in der üblichen Art und Weise entziffern, und umgekehrt fällt es ihnen schwer, ein gesprochenes Wort in geschriebene Sprache zu übersetzen. Es mangelt ihnen vor allem an Leseverständnis, der Fähigkeit, geschriebene Worte wieder zu erkennen und vorzulesen sowie generell in allen Bereichen, die Lesefähigkeiten erfordern, und zumeist ist auch eine Rechtschreibstörung gegeben.
Die Legasthenie wird oft auch noch von anderen Schwierigkeiten beim Lernen sowie von psychischen Erkrankungen begleitet. Häufig sind das Dyskalkulie (ausgeprägte Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens), ADHS, Angststörungen und depressive Störungen.
Die Legasthenie ist nicht heilbar, aber eine rechtzeitige und gezielte Therapie kann helfen, die Schwierigkeiten deutlich zu mindern und den Verlauf der Störung positiv zu beeinflussen.
Diagnose der Legasthenie
Für die exakte Diagnose einer LRS sollte man sich an speziell geschulte Psychologen oder Kinderpsychiater wenden.
Ursachen einer Legasthenie
Was die Ursachen der Legasthenie betrifft, so sind sie noch nicht exakt geklärt. Genetische Faktoren spielen aber eine große Rolle, denn die LRS kommt in Familien gehäuft vor. Zudem nimmt man an, dass bestimmte Prozesse im Gehirn bei Menschen mit Legasthenie anders ablaufen als bei Nichtbetroffenen. Das betrifft zum Beispiel die Verarbeitung von schnell aufeinanderfolgenden Reizen, wie es bei Sprache gegeben ist.
Bildgebende Verfahren haben außerdem gezeigt, dass es bei Legasthenikern beim Schreiben und Lesen Abweichungen der Aktivitätsmuster im Gehirn gibt. Diese veränderten neurobiologischen Prozesse haben auch Einfluss auf einige kognitive Bereiche, die zwar nicht unmittelbare Grundlage für Lesen und Schreiben sind, aber trotzdem dafür relevant sind. Das sind zum Beispiel das Arbeitsgedächtnis, die Wahrnehmung und Verarbeitung von visuellen und auditiven Reizen und Informationen oder die Aufmerksamkeit. Zudem sind unter anderem die Bewusstheit über die Struktur von Wörtern, Wortbildung und Sprache, die Buchstabenkenntnis und der Wortschatz beeinträchtigt.
Typische Anzeichen einer Legasthenie
Typische Anzeichen beim Lesen sind:
- niedrige Lesegeschwindigkeit
- häufiges Stocken oder Verlieren der Zeile im Text
- Auslassen, Vertauschen oder Hinzufügen von Wörtern, Silben oder einzelnen Buchstaben
- Schwierigkeiten, den Inhalt des gelesenen Textes wiederzugeben
- Verwendung von allgemeinem Wissen anstatt der Information aus dem Text bei der Beantwortung von Fragen zum Inhalt eines Textes
Anzeichen beim Schreiben:
- hohe Fehlerzahl bei Diktaten und beim Abschreiben von Texten
- häufig auch viele Fehler in Grammatik und Zeichensetzung
- unleserliche Handschrift
Oft kommt es bei Kindern mit einer LRS auch zu Problemen in anderen Fächern, in denen Lesen und Schreiben angewendet wird, besonders häufig in Fremdsprachen und Mathematik mit Textaufgaben. Wenn auch bei den grundlegenden Rechenarten deutliche Schwierigkeiten auftreten, so kann das Anzeichen einer zusätzlich gegebenen Dyskalkulie sein.
Therapie bei Legasthenie
Eine Legasthenie läßt sich in der Regel nicht heilen, aber eine gezielte und frühe Förderung bei speziell ausgebildeten Therapeuten kann die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben deutlich reduzieren. Voraussetzung dafür ist eine individuelle Diagnostik und die Festlegung der entsprechenden Förderschwerpunkte. Die Förderung selbst erfolgt meist im Einzelsetting und ist in vielen Fällen für den Zeitraum von ein bis zwei Jahren notwendig. Sehr wichtig ist auch die zusätzliche unterstützende Elternarbeit, um die Kinder von Schuldgefühlen zu entlasten und ihnen Hilfestellung bei schulischen Anforderungen und Förderung zu geben.
Tipps für Eltern
Für Eltern geht es darum, dem betroffenen Kind den Rücken zu stärken, es keinesfalls wegen der Lese- und Rechtschreibprobleme unter Druck zu setzen und ihm oder ihr zu vermitteln, dass sie die Gründe dafür kennen und sensibel damit umgehen wollen. Oft besteht die zentrale Herausforderung darin, die Störung ins Leben zu integrieren und Strategien zu entwickeln, um mit der Legasthenie gut leben zu können. Zusätzlich zur Legasthenie-Therapie können Eltern auch selbst einiges zur konkreten Unterstützung ihres Kindes tun.
Viele Experten empfehlen etwa das gemeinsame Lesen, wobei das sogenannte paired reading, bei dem Erwachsener und Kind zur gleichen Zeit gemeinsam einen Text lesen, eine gute Methode ist. Fehler des Kindes sollten dabei nebenbei so korrigiert werden, dass das Kind auch Zeit hat, sie selbst auszubessern. Am Ende sollte noch über den Inhalt des Gelesenen gesprochen werden, damit das Kind begreift, dass das Verstehen des Textes den zentralen Aspekt des Lesens darstellt, und Lob für die Bemühungen darf nicht vergessen werden.
Außerdem können Eltern dem Kind in Situationen ohne Druck Gelegenheit zum Schreiben geben – etwa eine Einkaufsliste oder kleine Notizen. Eine gute familiäre und schulische Unterstützung für Kinder mit Legasthenie ist wesentlich für den Verlauf der Störung, und wenn sie fehlt, kann die Problematik verstärkt werden.
Weitere Informationen
Weitere Information zu gesetzlichen Regelungen betreffend der Legasthenie sowie Broschüren von Schulpsychologen zu Lese- und Rechtschreibschwächen finden Sie hier: Bundesministerium Bildung, Wissenschaft und Forschung
Leitlinie S 3: Diagnostik und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Lese- und/oder Rechtschreibstörung
https://www.bvl-legasthenie.de/images/static/pdfs/Leitlinien/LF_Leitlinie.pdf, Abruf August 2021
https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugend-psychiatrie/erkrankungen/lese-rechtschreibstoerung-legasthenie/was-ist-eine-lese-rechtschreibstoerung/, Abruf August 2021
https://medlexi.de/Legasthenie_(Lese-Rechtschreib-Schwäche,_LRS), Abruf August 2021
https://www.bvl-legasthenie.de, Abruf August 2021
https://www.barmherzige-brueder.at/unit/issn/sprachundtherapiezentrum/legasthenie/tippseltern, Abruf August 2021