Abbildung: Zahnmodell
Foto: ARMMY PICCA/shutterstock

Kiefer- und Zahnfehlstellungen: Wie die Kieferorthopädie helfen kann

Viele Personen empfinden schiefe Zähne als optisch störend. Medizinisch gesehen muss jedoch nicht jede Zahnfehlstellung korrigiert werden. Hinter schiefen Zähnen kann sich aber eine Kieferfehlstellung verbergen, die manchmal sogar Zahnärzt:innen übersehen. Daher empfiehlt der Verband Österreichischer Kieferorthopäden, Zahnfehlstellungen bei Kindern und Jugendlichen unbedingt von Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie untersuchen zu lassen.

Zusammenfassung

Kiefer- und Zahnfehlstellungen

Was ist eine Zahnfehlstellung? Eine Zahnfehlstellung liegt vor, wenn einzelne Zähne verdreht oder außerhalb des Zahnbogens stehen. Dabei passen Ober- und Unterkiefer beim Zubeißen richtig aufeinander, und der Biss stimmt.

Was ist eine Kieferfehlstellung? Eine Kieferfehlstellung liegt vor, wenn Ober- und Unterkiefer zueinander entweder seitlich, nach vorne oder nach hinten verschoben sind. Das führt dazu, dass Ober- und Unterkiefer beim Zubeißen nicht richtig zusammenpassen, wodurch Früh- oder Fehlkontakte bei den Zähnen entstehen. In solchen Fällen stimmt der Biss nicht.

Die Behandlung von schiefen Zähnen umfasst herausnehmbaren Apparaturen, transparente Aligner, festsitzenden Brackets aus Metall, Keramik oder Kunststoff sowie unauffällige innenliegende Brackets. Mini-Implantate und Kombinationstherapien kommen bei komplexen Fällen auch zum Einsatz.

Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel 2-3 Jahre.

Was ist der Unterschied zwischen einer Zahnfehlstellung und einer Kieferfehlstellung?

Bei einer Zahnfehlstellung stehen einzelne Zähne verdreht oder außerhalb des Zahnbogens. Ober- und Unterkiefer passen jedoch beim Zubeißen richtig aufeinander. Der Oberkiefer liegt auf dem Unterkiefer ähnlich wie ein Deckel auf einer Schachtel. Die Zähne fügen sich wie bei einem Reißverschluss ineinander: Der Biss stimmt. Spezialist:innen sprechen hier von einer Klasse I-Verzahnung.

Bei einer Kieferfehlstellung sind Ober- und Unterkiefer zueinander entweder seitlich, nach vorne oder nach hinten verschoben. Das bedeutet, Ober- und Unterkiefer passen beim Zubeißen nicht richtig zusammen, es entstehen Früh- oder Fehlkontakte bei den Zähnen: Der Biss stimmt nicht. Kieferfehlstellungen sind großteils genetisch bedingt und werden daher weitervererbt. Diese treten meist zusammen mit Zahnfehlstellungen auf.

Welche Arten von Kieferfehlstellungen gibt es?

Klasse II-Verzahnung

Häufig ist der Unterkiefer während der Pubertät zu wenig nach vorne gewachsen, daher liegt dieser mit einem mehr oder weniger großen Abstand hinter dem Oberkiefer (= vergrößerter Überbiss; Rücklage des Unterkiefers; Fachbezeichnung mandibuläre Retrognathie). Die Höcker der Oberkieferzähne fügen sich nicht in die entsprechenden Vertiefungen der Unterkieferzähne. Sie treffen auf deren Höcker oder Randleisten oder finden schlimmstenfalls überhaupt keinen Gegenkontakt (= Nonokklusion).

Klasse II/1-Verzahnung

Diese Unterkiefer-Rücklage wird umgangssprachlich oft fälschlicherweise als „Vorbiss“ bezeichnet, da diese Kieferfehlstellung häufig mit deutlich nach vorne gekippten Oberkiefer Schneidezähnen und mit einem erschwerten Lippenschluss einhergeht

Klasse II/2-Verzahnung

Es gibt allerdings auch Formen einer Unterkiefer-Rücklage, bei denen die Oberkiefer-Schneidezähne deutlich nach hinten gekippt und nach unten gewachsen sind. Hierbei entsteht ein Tief- und Deckbiss.

Klasse III-Verzahnung

Seltener kommt es vor, dass der Unterkiefer zu stark und zu weit nach vorne wächst und dadurch vor dem Oberkiefer liegt (= verkehrter Überbiss; Fachbezeichnung mandibuläre Prognathie). In Österreich ist diese Wachstumsstörung des Unterkiefers auch als „Habsburger-Unterlippe“ bekannt, da diese markante Kieferfehlstellung in einer ausgeprägten Form innerhalb der Adelsfamilie der Habsburger weitervererbt wurde.

Folgende Abbildung zeigt eine Mandibuläre Prognathie, eine Korrekte Kieferlage und eine Mandibuläre Retrognathie.

unterschiedliche Kieferfehlstellungen
Foto: Verband Österreichischer Kieferorthopäden

Lateraler Kreuz- und Zwangsbiss

Ist hingegen der Oberkiefer zu schmal oder der Unterkiefer zu breit, wird der Unterkiefer beim Zubeißen zur rechten oder zur linken Seite verschoben. Wiederum entstehen atypische und ungünstige Zahnkontakte zwischen den Oberkiefer- und Unterkieferzähnen.

Folgende Abbildung zeigt eine Kl. II-Verzahnung, eine Kl- III-Verzahnung und einen Kreuzbiss.

Abbildung Kieferfehlstellungen
Foto: Verband Österreichischer Kieferorthopäden

Muss jede Zahn- und/oder Kieferfehlstellung korrigiert werden?

Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie empfehlen eine Korrektur, wenn durch die Zahn- und/oder Kieferfehlstellung folgende Probleme entstehen können:

  • Falsche Zahnkontakte: Aufgrund von Fehlbelastungen können Schäden an den Zähnen, an der Zahnwurzel und am Zahnhalteapparat (Knochen und Zahnfleisch), aber auch am Kiefergelenk entstehen. Ist im Laufe der Zeit eine Verschlechterung der Zahnstellung zu erwarten, raten Spezialist:innen zu einer Korrektur.
  • Ausgeprägte Kieferfehlstellungen (vor allem bei einer Unterkiefer-Rücklage): Solche führen häufig zu einer offenen Mundhaltung mit Mundatmung, da kein entspannter Lippenschluss möglich ist. Betroffene Patient:innen atmen nicht durch die Nase, sondern durch den Mund. Dadurch wird die Atemluft weder gereinigt, noch befeuchtet, noch angewärmt.

Betroffene leiden häufiger an Erkältungskrankheiten, die die Nasenatmung beeinträchtigen. Zudem bleibt bei offener Mundhaltung die normalerweise am Gaumen ruhende Zunge im Unterkiefer liegen. Das verhindert zusätzlich die natürliche Ausformung und Verbreiterung des Gaumens durch die Zungenmuskulatur.

  • Kreuz- und Zwangsbisse führen zu einem asymmetrischen, seitenungleichen Wachstum des Unterkiefers. Das Kinn weicht zu einer Seite ab, das Gesicht „wird schief“. Aufgrund der unterschiedlichen Kaufunktion kann es zu einer Fehlfunktion und Überlastung der Kiefergelenke kommen und in weiterer Folge zu deren frühzeitigen Abnutzung.
  • Passen Kiefer- und Zahngröße nicht zueinander – zum Beispiel, weil der Kiefer zu klein und die Zähne zu groß sind – kann es abgesehen von Zahnfehlstellungen auch zu Störungen beim Zahndurchbruch kommen. Häufig kommt es vor, dass die Oberkiefer-Eckzähne nicht durchbrechen und im Gaumen verbleiben. Wird diese Fehlentwicklung nicht frühzeitig erkannt und korrigiert, müssen die Zähne schlimmstenfalls operativ entfernt und anschließend durch künstliche Zähne (Implantate) ersetzt werden.

Die Abbildung zeigt markante Fehlstellungen, die aus ärztlicher Sicht unbedingt von Fachzahn:ärztinnen für Kieferorthopädie begutachtet werden sollten.

Markante Zahnfehlstellungen
Abbildung: Verband Österreichischer Kieferorthoäden

Wann ist eine kieferorthopädische Untersuchungen sinnvoll?

Für jede Fehlstellung gibt es einen optimalen Zeitpunkt, um diese zu korrigieren. Nur Spezialist:innen können aufgrund ihrer vertieften Ausbildung erkennen, wann und mit welcher Apparatur am schnellsten ein Behandlungserfolg eintreten wird. Zwar können heutzutage bei Erwachsenen bis ins hohe Alter Fehlstellungen korrigiert werden, wenn aber der optimale Zeitpunkt versäumt wird, bedeutet dies meist großen technischen Aufwand. Manchmal sind auch kieferchirurgische Maßnahmen nötig oder man muss Kompromisse eingehen. Grundsätzlich ist es für korrigierende Maßnahmen nie zu spät!

Rund 30-40 % der Kinder und Jugendlichen leiden an Zahn- und Kieferfehlstellungen, die sich unbehandelt längerfristig auf Lebensqualität und Gesundheit auswirken können. Nicht alle Fehlstellungen lassen sich vom Laien auf den ersten Blick erkennen. Deshalb werden folgende kieferorthopädische Basis-Untersuchungen bei Spezialist:innen empfohlen:

  • Untersuchung mit 4 Jahren (Milchgebiss)
  • Untersuchung mit 8 Jahren (Frühes Wechselgebiss)
  • Untersuchung mit 12 Jahren (Spätes Wechselgebiss)

Wie läuft eine kieferorthopädische Behandlung ab?

Die einzelnen Schritte einer kieferorthopädischen Behandlung im Überblick:

  1. Beratung: Der Grund für den Besuch beim Kieferorthopäden/der Kieferorthopädin wird besprochen. Außerdem erfolgt eine klinische Untersuchung.
  2. Die diagnostische Unterlagen werden erstellt, um den Zustand der Zähne, der Mundhöhle und des Kiefers genau zu bestimmen. Dazu gehören Abdrücke oder Intraoralscans, Funktionsanalysen der Kiefergelenke und Kaumuskulatur sowie Röntgenaufnahmen (Panoramaröntgen und seitliches Fernröntgen). Zusätzlich werden Fotos vom Gesicht und den Zähnen gemacht
  3. Anschließend werden die Unterlagen ausgewertet.
  4. Festlegung der Behandlungsziele und eines Behandlungsplans, Wahl der geeigneten Apparaturen
  5. Anschließend findet ein Aufklärungsgespräch statt, in dem die Therapie gemeinsam entschieden wird.
  6. Die Therapie dauert in der Regel ca. 2-3 Jahre.
  7. Stabilisierung der Zahnstellung (Retention): Besonders kurz nach der Behandlung neigen die Zähne dazu, in ihre vorherige Position zurückzukehren. Deswegen sind weitere Maßnahmen nötig, um ein anhaltendes Ergebnis zu garantieren.

Was versteht man unter kieferorthopädischer Diagnostik?

Erfahrene Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie verfügen über ein umfangreiches Wissen in vielen Bereichen. Dazu zählen:

  • das normale (physiologische) und krankhafte (pathologische) Gesichts- und Kieferwachstum
  • die individuellen Unterschiede im Wachstum von Gesicht und Kiefer
  • Zusammenhänge mit Atmung, Sprache und Zungenfunktion
  • weitere Faktoren, die die Entwicklung von Gebiss und Gesicht beeinflussen

Mit diesem Wissen und genauesten Untersuchungen ist es ihnen möglich, Art und Schweregrad der vorliegenden Abweichungen samt deren Ursachen festzustellen. Vor jeder kieferorthopädischen Behandlung muss ein individueller Behandlungsplan erstellt werden. Die Analyse vieler Einzelbefunde führt zu einer detaillierten Diagnose. Erst danach können das Behandlungsziel, der Behandlungsplan und die einzelnen Therapieschritte festgelegt werden. Dabei wird entschieden, welche Behandlungsmethode und Behandlungsgeräte geeignet sind.

Wie bei einem Puzzle-Spiel führen die einzelnen Bausteine der kieferorthopädischen Befunderhebung und -auswertung zur individuellen Diagnose. Durch verantwortungsbewusste Planung und klare Definition des erreichbaren Behandlungszieles werden realistische Erwartungen geschaffen. Das schützt alle Beteiligten vor Enttäuschungen! Während der Behandlung werden von Zeit zu Zeit Untersuchungen durchgeführt, in denen der Behandlungsfortschritt und das Therapiekonzept überprüft und gegebenenfalls abgeändert werden.

Was sind die Behandlungsmöglichkeiten für schiefe Zähne?

Herausnehmbare Apparaturen

Abnehmbare Apparaturen werden in zahntechnischen Laboren nach genauen Anweisungen der Kieferorthopädin/des Kieferorthopäden hergestellt. Dies geschieht auf Grundlage von genauen Kiefermodellen und speziellen Wachsabdrücken (Wachsregistrate, Konstruktionsbiss). Sie bestehen aus einem Kunststoffkörper, in den verschiedene Drahtteile bzw. Schrauben eingebaut werden. Diese können eine aktive oder passive Wirkung haben:

  • aktive Wirkung: Es wird Druck auf die Zähne oder den Kiefer ausgeübt.
  • passive Wirkung: Zunge, Lippen oder Wangen werden auf Abstand gehalten.

Transparente Kunststoff-Schienen (= Aligner)

Diese Behandlungstechnik gibt es schon sehr lange und werden besonders bei Erwachsenen werden immer beliebter. Entgegen so mancher Werbeaussage sind Schienen kein vollwertiger Ersatz für festsitzende Apparaturen, da mit Kunststoff-Schienen manche Zahnbewegungen nur eingeschränkt möglich sind. Nicht alle Fehlstellungen können mit einer Schiene korrigiert werden.

Aligner werden Tag und Nacht getragen und nur zum Essen und Zähneputzen entfernt. Alle zwei bis drei Wochen wird auf eine neue, aktive Schiene gewechselt. Für eine bessere Kraft-Übertragung sind weiße Kunststoff-Aufbauten auf der Außenfläche der Zähne, sogenannte Attachments, erforderlich. Manchmal sind zusätzlich Gummizüge und weitere Hilfselemente notwendig, um bestimmte Zahnbewegungen möglich zu machen. Seit einigen Jahren gibt es Firmen, die Zahnkorrekturen mit Alignern „auf dem Postweg“ anbieten. Dabei werden zahnmedizinisch-kieferorthopädische Standards jedoch nicht beachtet.

Aber Achtung! Eine Zahnkorrektur mit Schiene ist riskant, wenn keine ordnungsgemäße Diagnostik und regelmäßige klinische Untersuchungen durch ausgebildete Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie erfolgen. Die Gesundheit der Zähne, des Zahnhalteapparats und des Kiefergelenks kann beeinträchtigt werden. Zähne sind keine Dominosteine, die beliebig bewegt werden können.

Ihr Kieferorthopäde oder Ihre Kieferorthopädin berät Sie, ob Ihre Fehlstellung mit Schienen oder doch besser mit einer festsitzenden Apparatur korrigiert werden sollte. Letztlich hängt es immer von der Art der Fehlstellung ab, ob eine Behandlung mit Alignern möglich, sinnvoll und zielführend ist.

Vorteile von herausnehmbaren Apparaturen und Alignern:

  • Die Mundhygiene ist nicht erschwert. Eine gründliche Reinigung der Zähne und der Apparaturen ist ohne Einschränkungen möglich.
  • Das Essen wird nicht eingeschränkt.
  • Aligner sind wenig sichtbar und sind deswegen auch bei Erwachsenen sehr beliebt.

Nachteile von herausnehmbaren Apparaturen und Alignern:

  • Eine hohe Tragedisziplin ist erforderlich (Tag und Nacht).
  • Das Sprechen kann erschwert werden, vor allem bei jedem Wechsel auf eine neue Schiene.
  • Manchmal gelingt die Feineinstellung der Zähne nicht zufriedenstellend.
  • Langzeitauswirkungen der Aligner-Materialien im Mund sind bislang noch unbekannt, besonders bei starkem Abrieb der Schienen durch Knirschen.

Kieferorthopädische Therapie mit festsitzenden Apparaturen (= „Brackets“)

Im Gegensatz zu den herausnehmbaren Apparaturen ist die Multibracket-Apparatur fest mit den Zähnen verbunden und kann nur durch den Kieferorthopäden oder die Kieferorthopädin wieder entfernt werden.

Diese Apparaturen bestehen aus ringförmigen Bändern mit aufgeschweißten Schlössern und Röhrchen auf den hinteren Mahlzähnen und aus Brackets auf Backen und Frontzähnen. Sie werden mit einem Kleber direkt auf die Zähne aufgeklebt. Die in den Bändern und Brackets eingesetzten hochelastischen dünnen Drahtbögen bewirken über genau dosierte Kräfte die Korrektur der Zahnfehlstellung. Hilfsteile wie Gummizüge, Federn oder weitere Apparaturen werden je nach Erfordernis eingesetzt.

Sichtbare oder unsichtbare Brackets?

Brackets sind Hightech-Plättchen, die vom Kieferorthopäden direkt „frei Hand“ oder mittels spezieller Übertragungsschienen auf die Zähne geklebt werden.
Es gibt Brackets aus unterschiedlichen Materialien:

  • Metall (Edelstahl)
  • Keramik
  • Kunststoff (selten)

Edelstahl ist aufgrund seiner Materialeigenschaften der optimale Werkstoff. Kunststoff-Brackets verfärben und verformen sich. Keramik-Brackets sind zwar unauffälliger, aber größer und dicker als Metall-Brackets. Daher sind sie schwieriger zu reinigen, lösen sich leichter als Metall-Brackets und können zudem brechen und bei Zahnkontakt Schäden am Zahn verursachen.

Es gibt unzählige Bracket-Systeme auf dem Markt. Letztlich ist es egal, mit welchem Bracket ein Kieferorthopäde oder eine Kieferorthopädin arbeitet. Entscheidend für das Ergebnis ist das Know-How, die Erfahrung und Geschicklichkeit des Arztes oder der Ärztin.

Die Behandlung mit festsitzenden Apparaturen erfordert hohes handwerkliches Können und fundierte Kenntnisse der biomechanischen Grundlagen der Zahnbewegung. Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie müssen sich ständig fortbilden, um über die neuesten Behandlungstechniken und Materialien auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu bleiben.

Unsichtbare Brackets

Manche Kieferorthopäd:innen haben sich auf innenliegende Bracket-Systeme spezialisiert. Die Brackets werden auf der Innenseite der Zähne befestigt, was sie nach außen hin unsichtbar macht. Diese Behandlung ist teurer, weil zusätzliche Laborprozesse notwendig sind und der Arbeitsaufwand erhöht ist. Aus medizinischer Sicht bietet die innenliegende Apparatur selten Vorteile, zudem kann diese Spezialtechnik nicht bei jeder Zahnfehlstellung angewandt werden.

Seit einigen Jahren verwenden Kieferorthopäd:innen sogar Mini-Implantate (Minischrauben) als Hilfsmittel für bestimmte Bewegungen oder zur vorübergehenden Stabilisierung bestimmter Zähne. Dafür werden vor allem bei Erwachsenen meist im vorderen Gaumen kleine Pins eingebracht. Diese Mini-Implantate werden zur Verankerung eingesetzt, um die anderen Zähne nicht zu überlasten oder um mehrere Bewegungen gleichzeitig durchführen zu können.

Da Fehlstellungen meist durch eine Kombination von Zahnfehlstellungen (z. B. Platzmangel, starke Zahndrehungen, Verlagerung von Einzelzähnen) und Kieferfehlstellung (Rücklage des Unterkiefers) bedingt sind, kann in bestimmten Fällen auch eine Kombination aus herausnehmbaren und festsitzenden Apparaturen erforderlich sein.

Festsitzende Apparaturen werden hauptsächlich im bleibenden Gebiss bei Erwachsenen und Jugendlichen eingesetzt.

Teilfestsitzende Apparaturen werden auch während der Wechselgebissphase verwendet. Sie werden bei Bedarf mit herausnehmbaren Apparaturen kombiniert.

Haupteinsatzgebiet von festsitzenden Apparaturen im Allgemeinen:

  • Verschiebung des Zahnes mit der Wurzel im Kieferknochen
  • Bewegung von Zähnen in allen drei Richtungen des Raumes
  • Beseitigung von Zahndrehungen und -kippungen
  • Einordnen von verlagerten Zähnen


Haupteinsatzgebiet von festsitzenden Apparaturen im Speziellen

  • komplizierte Einzelzahnbewegungen im Wechsel- und bleibenden Gebiss
  • Lückenschluss nach Zahnentfernungen
  • Lückenschluss bei erblich bedingter Zahnunterzahl (z. B. Nichtvorhandensein von seitlichen Schneidezähnen im Oberkiefer)
  • Zurückbewegen von zu weit aus dem Kiefer herausgewachsenen Frontzähnen (z. B. tiefer Biss durch Einbiss der unteren Schneidezähne in die Gaumenschleimhaut)
  • Beseitigen von Zahnwanderungen aufgrund von parodontalen Erkrankungen bei Erwachsenen
  • Wurzeltorque: eine spezielle Kippung der Zahnwurzel ohne Veränderung der Stellung der Zahnkrone. Dies ist vor allem bei Deckbissen auch im Wechselgebiss erforderlich.
  • Korrektur der Seitenverzahnung durch zusätzlich eingebaute Federn bzw. Stege zwischen Ober- und Unterkiefer

Was sind die Vorteile festsitzender Apparaturen?

  • Festsitzende Apparaturen eignen sich zur Behandlung von fast allen Zahnfehlstellungen
  • Die Behandlungszeit ist kürzer als bei herausnehmbaren Apparaturen
  • Die Mitarbeit der Patient:innen ist nur bedingt notwendig bzw. durch entsprechende Konstruktion der Apparatur vollkommen auszuschließen
  • Ein exaktes Positionieren der Zähne in idealer Position ist möglich (Feineinstellung)
  • Das Sprechen wird nicht behindert, außer es handelt sich um innenliegende festsitzende Apparaturen

Was sind die Nachteile festsitzender Apparaturen?

  • Die Zahnpflege erfordert hohe Disziplin. Durch die Brackets entstehen Nischen, wodurch die Mundhygiene erschwert wird.
    Aber: Festsitzende Apparaturen gefährden den Zahnschmelz nicht, solange die Zahnpflege korrekt durchgeführt wird!
  • teilweise Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme: Klebrige Speisen und harte Nahrungsmittel wie Popcorn, Nüsse oder Brotkrusten sollten vermieden werden.
  • Irritation der Mundschleimhaut zu Beginn der Behandlung
  • bei entsprechender Veranlagung kann es zu Wurzelverkürzungen kommen
  • Ästhetische Beeinträchtigung: Die Verwendung von zahnfarbenen Brackets aus Kunststoff oder Keramik kann eine Lösung sein. Dies ist allerdings nur bei nicht allzu umfangreichen Zahnbewegungen eine Option. Bei der Anwendung der Lingualtechnik, einer speziellen Technik mit an der Innenseite der Zähne befestigten Brackets, gibt es keinerlei ästhetische Beeinträchtigung.



FAQ

Der Beruf von Kieferorthopäd:innen und Kieferchirurg:innen wird häufig miteinander verwechselt. Der Unterschied zwischen den beiden Fachdisziplinen:
Kieferorthopäd:innen verändern die Kieferstellung, indem sie bei Kindern und Jugendlichen über einen längeren Zeitraum hinweg das Wachstum von Ober- und Unterkiefer beeinflussen und lenken.
Kieferchirurg:innen hingegen verändern die Kieferfehlstellung bei Erwachsenen durch einen chirurgischen Eingriff. Der Fachausdruck hierfür ist orthognathe Chirurgie (orthos = gerade, gnathos = Kiefer).
Bei komplexen Zahn- und Kieferfehlstellungen ist häufig eine enge Zusammenarbeit zwischen beiden Fachdisziplinen sinnvoll. Manchmal benötigen Patient:innen sowohl eine Zahnspange als auch eine Kieferoperation. Vor allem bei angeborenen Kieferfehlbildungen wie Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten oder bei genetisch bedingtem überschießendem oder zu geringem Kieferwachstum ist eine Kombination ratsam.

Jede Kieferorthopädin ist auch Zahnärztin, aber nicht jeder Zahnarzt ist ein Kieferorthopäde. Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie sind Spezialist:innen für Vorbeugung, Erkennung und Korrektur von Kiefer- und Zahnfehlstellungen. Bei Kindern und Jugendlichen können diese Spezialist:innen mithilfe geeigneter Maßnahmen das Wachstum der Kiefer orthopädisch beeinflussen. Deswegen werden sie auch als Kieferorthopäd:innen bezeichnet.
Gleichzeitig sind sie auch Spezialist:innen für die Korrektur von Zahnfehlstellungen. Daher heißen Kieferorthopäd:innen in englischsprachigen Ländern auch Orthodontists (altgriechisch orthos = gerade, odon = Zahn).
Oft stehen nicht nur die Zähne schief, sondern auch der Kiefer. Zahn- und Kieferfehlstellungen kommen häufig gemeinsam vor, deswegen ist die korrekte Bezeichnung für dieses Spezialgebiet „Kieferorthopädie und Orthodontie“.

Damit Patient:innen erkennen können, ob sie sich bei einem Zahnarzt mit theoretischem Basiswissen oder bei einem Spezialisten mit vertiefter Ausbildung befinden, hat der Verband Österreichischer Kieferorthopäden auf seiner Website www.voek.info im Mitglieder-Verzeichnis diejenigen Ärztinnen und Ärzte mit „Buttons“ versehen, die eine besonders umfangreiche kieferorthopädische Ausbildung absolviert haben.

Alles, was der Mund tut, hat Auswirkungen auf Kiefer und Zähne. Insbesondere im ersten Lebensjahr entwickeln sich die Muskeln von Lippen, Zunge und Wangen enorm. Aus einem Mund, der zunächst nur saugen und schlucken kann, entwickelt sich ein Mund, der kaut, Nahrung schluckt und spricht.
In vielen Fällen ist eine Zusammenarbeit von Fachärzt:innen unterschiedlicher Fachbereiche zielführend. Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie stehen in engem fachlichen Austausch mit Fachärzt:innen für
• Kinderzahnheilkunde
• Zahnheilkunde
• Kieferchirurgie
• Oralchirurgie
• Kinderheilkunde
• Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
• Orthopädie
• Logopädie
• Physiotherapie
• Osteopathie
… und vielen mehr.
Ziele einer kieferorthopädischen Therapie: Ideale Kieferstellung und ideale Verzahnung, physiologische Kiefergelenks- und Muskelfunktion, kompetenter Lippenschluss mit Nasenatmung und glückliche und zufriedene Patient:innen.

Zähne haben die Tendenz, sich nach der Therapie wieder in die alte Position zurückzubewegen. Das ist die Folge von Rückstellkräften, welche durch Muskeln und elastische Fasern auf die Zähne einwirken. Ohne Stabilisierung kann sich die korrigierte Zahnstellung wieder verändern. Daher ist nach jeder kieferorthopädischen Therapie eine mehr oder weniger langfristige Stabilisierung der Zahnstellung (Retention) erforderlich.
Retainer sind passive Apparaturen, welche nach der Korrektur eingesetzt werden. Im Oberkiefer werden meist herausnehmbare Retainer verwendet, zum Beispiel Schienen oder Platten, die für lange Zeit jede Nacht getragen werden („Zahnpyjama“).
Im Unterkiefer wird häufig an der Innenseite von Eckzahn bis Eckzahn ein dünner Retainer Draht geklebt, damit die Schneidezähne an Ort und Stelle bleiben.
Die Länge der Stabilisierungsphase hängt von Art und Umfang der erfolgten Zahnbewegung ab. Sie wird für jeden Patienten individuell festgelegt. Regelmäßige Kontrollen während der Retentionsphase sichern den Erfolg der Behandlung.

  • Autor

    Verband Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK)

    Der Verband Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK) wurde im Jahr 1998 gegründet. Der. VÖK beruht auf dem freiwilligen Zusammenschluss kieferorthopädisch engagierter Zahnärzt*innen aus ganz Österreich, welche sich nach Absolvierung des Zahnmedizin-Studiums auf unterschiedlichen Wegen auf das Spezialgebiet Kieferorthopädie und Orthodontie spezialisiert haben. Der Verband sieht sich als Plattform für vorwiegend bzw. ausschließlich kieferorthopädisch tätige Fachzahnärzt*innen für Kieferorthopädie und Zahnärzt*innen sowie für einschlägig interessierte Patient*innen. Als Berufsverband vertritt der Verband die Interessen seiner Mitglieder in der Öffentlichkeit und unterstützt seine Mitglieder bei ihrer täglichen Arbeit. Durch eine Qualitätsprüfung (ABO = Austrian Board of Orthodontists, siehe www.abo.or.at) und Fortbildungen wird sichergestellt, dass in Österreich Kieferorthopädie auf hohem fachlichen Niveau nach dem Stand der Wissenschaft angeboten wird. Vor allem sieht sich der Verband als Plattform für eine von Industrie und Werbung unbeeinflusste Darstellung der Kieferorthopädie in der Öffentlichkeit.

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