Lehrer zählen zu der Berufsgruppe, die besonders häufig an ihren Idealen verzweifeln, da die Entscheidung Lehrer zu werden, meist eher einer Berufung denn einem Beruf entspricht. Darum können sich auch relativ viele Lehrkräfte bereits nach wenigen Jahren nicht mehr mit ihrem Beruf identifizieren und fühlen sich leer und ausgebrannt. Welche psychologischen Mechanismen diesem Phänomen zugrundeliegen könnten, hat nun ein Forschungsteam der Universität Regensburg eruiert und eine Studie zum „Wohlbefinden von Lehrkräften“ durchgeführt. Die Ergebnisse wurden nun, knapp vor Schulschluss, veröffentlicht.
Aus der psychologischen Forschung ist bekannt, dass schlechte Ereignisse meist eine stärkere psychische Wirkung haben als gute Ereignisse (bad is stronger than good). Davon ausgehend haben sich die Forschenden die Frage gestellt, ob SchülerInnen, die unerwünschte Verhaltensweisen zeigen, einen größeren Einfluss auf das Wohlbefinden von Lehrkräften haben als SchülerInnen, die in wünschenswerter Weise agieren.
Dazu wurden bei 250 Lehrkräften die verfolgten Ziele und erlebten Emotionen für SchülerInnen gemessen, die wünschenswerte Verhaltensweisen an den Tag legten (also Schüler, die im Unterricht aufpassen, ihre Arbeit rechtzeitig erledigen und eine positive Einstellung zum Lernen haben) und solchen die unerwünschte Verhaltensweisen aufwiesen (z. B. Schüler, die den Unterricht stören, ihre Arbeit nicht zu Ende bringen und eine negative Einstellung zum Lernen haben). Daneben wurden verschiedene Formen des Wohlbefindens (evaluatives, affektives, psychologisches, berufsbezogenes Wohlbefinden) der Lehrkräfte erhoben.
Die Ergebnisse zeigen, dass das Wohlbefinden der Lehrkräfte relativ stark mit den Zielen und Emotionen für SchülerInnen, die unerwünschte Verhaltensweisen zeigten, zusammenhängt. Im Gegensatz dazu spielten Ziele und Emotionen von SchülerInnen, die sich „gut“ benahmen, für die seelische Gesundheit der Lehrkräfte keine Rolle.
Um das Wohlbefinden von Lehrkräften zu steigern, raten die Wissenschaftler dazu, den Zielen und Emotionen für SchülerInnen, die wünschenswerte Verhaltensweisen zeigen, mehr Gewicht beizumessen. Lehrkräfte sollte auch dabei unterstützt werden, für SchülerInnen, die unerwünschte Verhaltensweisen zeigen, hohe Ziele zu setzen und Interaktionen mit solchen Schülern als emotional positiv zu erleben. Außerdem sollte angehenden Lehrkräften bewusst gemacht werden, dass das am häufigsten genannte Motiv für die Wahl des Lehrberufs „weil ich gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeite“ nicht nur Kinder und Jugendlichen einschließen darf, welche erwünschte Verhaltensweisen zeigen, sondern auch diejenigen, die sich als „Störfaktoren“ erweisen.
Referenz:
Universität Regensburg
Teacher Well-Being: Teachers’ Goals and Emotions for Students Showing Undesirable Behaviors Count More Than That for Students Showing Desirable Behaviors, Frontiers in Psychology 2022; https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2022.842231/full