Zusammenfassung
Fact-Box Borreliose
Borreliose; Lyme-Krankheit, Lyme-Borreliose: Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragbare Erkrankung
Ursachen/Risikofaktoren: Auslöser der Erkrankung sind Bakterien (Borrelien)
Symptome: Die Symptome reichen u.a. von grippeartigen Erkrankungen über Kopf- und Gelenkschmerzen, Herzbeschwerden, Hautproblemen, Sehstörungen, Gehörprobleme, Lähmungen bis zu psychischen Problemen und weitreichenden neurologischen Ausfällen
Nachweis: Die Diagnose ist nicht immer einfach, weil die zur Verfügung stehenden Tests nicht immer zuverlässig sind. Eine Borreliose kann aufgrund ihrer unspezifischen und vielfältigen Symptome auch leicht übersehen werden
Mögliche Komplikationen: eine Borreliose kann bis zur Invalidität führen
Behandlung: Eine Borreliose im frühen Stadium wird mit Antibiotika therapiert. Voraussetzung ist, dass sie genügend lang und hoch dosiert behandelt wird
Impfung: derzeit gibt es keine Impfung gegen Borreliose
Was ist Borreliose?
Bei der Lyme-Borreliose, auch bezeichnet als Lyme-Krankheit oder Acrodermatitis atrohicans, handelt es sich um eine Infektionserkrankung welche in den meisten Fällen durch Zecken (Ixodes ricinus) wird. Sehr selten können auch Insekten wie Pferdebremsen oder Mücken eine Ansteckung mit Borrelien auslösen. Der Begriff Lyme-Borreliose geht auf den Bakteriologen Amédée Borrel sowie auf den Ort Lyme im US-Bundesstaat Connecticut zurück, in welchem das Krankheitsbild 1975 erstmals beschrieben wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen Infektionskrankheiten ist Lyme-Borreliose, kurz Borreliose, nicht meldepflichtig. Aus diesem Grund liegen nur Schätzungen zur Verbreitung der Krankheit vor – In Österreich erkranken jedes Jahr mindestens 70.000 Menschen an Borreliose.
Da die Verbreitung von Zecken aufgrund der Erderwärmung zunimmt, steigen auch die damit verbundenen Infektionskrankheiten sowohl weltweit als auch in Österreich jährlich an. Das meistens für die Erkrankung verantwortliche Bakterium Borrelia burgdorferi (Borrelien) lebt im Verdauungstrakt der Zecke und verwendet diese als sogenannten Wirt. Bei einem Zeckenbiss werden die Borrelien von den Zecken auf den Menschen übertragen und können nach einigen Tagen die ersten Symptome auslösen. Da nicht jede Zecke Borrelien in sich trägt und auch nicht jeder Biss einer infizierten Zecke zu einer Ansteckung mit Borrelien führt, bedeutet nicht jeder Zeckenbiss zwangsweise eine Erkrankung an Borreliose. Jedoch sollten mögliche Anzeichen ernst genommen und von einem Arzt abgeklärt werden, um etwaigen Komplikationen die als Folge der Krankheit auftreten können gezielt entgegenzuwirken.
Erste Anzeichen erkennen
Borreliose kann sich durch eine Vielzahl an Anzeichen bemerkbar machen. Die Erkrankung wird in drei Stadien eingeteilt und der tatsächliche Ausbruchszeitpunkt ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manche Patienten weisen bereits drei Tage nach einem Zeckenbiss vermehrt Symptome auf, bei anderen kann es wesentlich länger dauern, bis sich ernsthafte Beschwerden bemerkbar machen. Jeder Mensch kann an Borreliose erkranken. Da Zecken überwiegend auf Wiesen, in Wäldern und in Auen leben, steigt das Risiko vor allem bei Menschen die sich viel in der Natur aufhalten. Daher ist es vor allem für Spaziergänger oder Jogger ratsam nach dem Ausflug ins Grüne vermehrt auf rote Stellen und Flecken auf der Haut zu achten.
Ein erstes Anzeichen der Erkrankung ist die sogenannte „Erythema migrans“. Dabei handelt es sich um einen größeren Fleck an der Einstichstelle der meistens eine ovale oder runde Form annimmt und nach außen hin hellrot ist. Im Inneren kann der Fleck eine bläuliche Farbe haben. Gelegentlich können auch mehrere dieser Flecken auftreten die sich im weiteren Verlauf der Erkrankung langsam ausbreiten, weswegen die Erythema migrans auch als „Wanderröte“ bezeichnet wird. In dieser frühen Phase entwickeln viele Betroffene Grippe-ähnliche Beschwerden wie leichtes Fieber, allgemeines Unwohlsein und Muskelschmerzen. Die Abklärung dieser Symptome durch einen Arzt ist ratsam, um eine mögliche Borreliose bereits früh zu behandeln.
Die Diagnose beim Arzt
Da sich nicht jeder Mensch an einen Zeckenbiss erinnert oder diesen gleich wahrnimmt und die Erythema migrans zwar häufig aber nicht unbedingt nach jedem Stich vorkommt, klärt der Arzt in einem Gespräch zunächst alle auftretenden Symptome gründlich ab und untersucht die Haut auf verdächtige Veränderungen. Bei auftretender Wanderröte auf der Haut kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einer Infektion im Frühstadium ausgegangen werden.
Bei Kindern wird vor allem die Kopfhaut genauer auf Zeckenbisse und Rötungen untersucht. Aufgrund ihrer Größe wird mehr als die Hälfte aller Kinder am Kopf von Zecken gebissen. Auch hier kann sich die Wanderröte langsam ausbreiten, in einigen Fällen bildet sich eine rote Linie die vom Kopf über das Gesicht oder den Nacken verläuft und allmählich verblasst.
Des Weiteren tastet der Arzt die Haut bei einer Untersuchung nach dem sogenannten Borrelien-Lymphozytom ab. Dabei handelt es sich um einen Knoten der aus Immunzellen besteht und sich einige Wochen nach dem Zeckenbiss an den Ohrläppchen, im Bereich des Gesichts oder am Oberkörper ausbilden kann. Da die einzelnen Anzeichen, Symptome und Beschwerden die mit Borreliose zusammenhängen so unterschiedlich ausfallen können, ist häufig eine Blutuntersuchung nötig, um eine Infektion mit den für Borreliose verantwortlichen Bakterien ausschließen oder bestätigen zu können.
Dabei wird das Blut des Patienten auf Antikörper gegen die Borrelien untersucht. Antikörper sind ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Immunsystems die von den weißen Blutkörperchen produziert werden, um Bakterien, Viren oder andere Stoffe die in den Körper eingedrungen sind (Antigene) zu bekämpfen. Gesunde Menschen bilden vermehrt Antikörper gegen Erreger aus denen sie vermehrt ausgesetzt sind. Aus diesem Grund kann man von einer Laboruntersuchung oft nicht ableiten, ob vorhandene Antikörper auf eine ältere und bereits abgeklungene oder auf eine frische Infektion mit den Borrelien zurückzuführen sind. Dennoch kann eine Blutuntersuchung eine genauere Diagnose vereinfachen.
Die drei Stadien von Borreliose
Borreliose wird in drei Stadien unterteilt. Jedes Stadium der Infektion mit den Borrelien ist durch unterschiedliche Symptome gekennzeichnet, wobei diese nicht zwangsweise bei jedem Patienten auftreten müssen. Der Verlauf der Erkrankung kann sehr unterschiedlich ausfallen, ebenso wie der Zeitpunkt zu welchem die jeweiligen Beschwerden und Anzeichen einsetzen.
1. Stadium:
Das erste Stadium der Erkrankung tritt bis etwa vier Wochen nach dem Zeckenbiss auf. Borreliose im ersten Stadium ist vor allem durch Hautveränderungen wie Wanderröte in Kombination mit grippeähnlichen Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche, Kopf- und Muskelschmerzen, Schlafstörungen, leichtem Fieber und allgemeinem Unwohlsein charakterisiert.
2. Stadium:
Das zweite Borreliose-Stadium tritt etwa vier bis acht Wochen nach dem Zeckenbiss ein. In diesem Stadium geht die Infektion langsam auf weitere Bereiche des Körpers über und befällt Blutgefäße, das Herz sowie einzelne Muskeln. Zudem kann es erneut zu Hautrötungen oder angeschwollenen Gelenken kommen. Außerdem kann sich die Infektion mit den Borrelien in diesem Stadium auch auf das Nervensystem ausbreiten. In diesem Fall ist von einer sogenannten „Neuroborreliose“ die Rede. Eine Neuroborreliose kann zu einzelnen, meist vorübergehenden Lähmungen im Gesicht sowie zu Entzündungen der Nerven der Wirbelsäule führen.
3. Stadium:
Unbehandelt geht die Borreliose nach ca. zwei Monaten in das dritte Stadium über. Dieses Stadium wird auch als „Spätstadium“ bezeichnet und ist vor allem durch chronische und langanhaltende Beschwerden gekennzeichnet. Diese betreffen meistens die Gelenke und die Haut. Zu den chronischen Gelenkserkrankungen als Spätfolge der Borreliose zählt vor allem Arthritis, daher eine Gelenksentzündung von der meistens große Gelenke wie etwa das Kniegelenk betroffen sind.
Eine weitere Spätfolge ist die „chronische Akrodermatitis“. Dabei handelt es sich um Gewebeveränderungen und Verfärbungen der Haut. Das Infektionsrisiko ist stark von den Witterungsbedingungen abhängig. Die Schildzeckenart Ixodes ricinus ist ab einer Temperatur von etwa 6°C aktiv. Erkrankungen von Erythema migrans treten gehäuft im Juni und Juli auf, Erkrankungen von Neuroborreliose im Juli und August, während Lyme-Arthritis aufgrund der variablen Inkubationszeit ganzjährig diagnostiziert wird.
Behandlung und Prognose
Prinzipiell wird Borreliose mit entsprechenden Antibiotika behandelt. Dauer und Dosis hängen vom jeweiligen Stadium und Ausprägungsgrad der Erkrankung ab. Im Regelfall wird bei Feststellung von Wanderröte und weiteren sicheren Anzeichen wie dem Borrelien-Lymphozytom sofort mit einer Antibiotika-Therapie begonnen, um die Borrelien schnell und effektiv aus dem Körper zu beseitigen. Wichtig ist, dass die Therapie ausreichend in Bezug auf Dauer und Intensität ist, um wirklich alle Bakterien im Organismus zu eliminieren.
Bei Borreliose im Frühstadium dauert die Antibiotika-Therapie ca. 14 Tage, bei Patienten in späteren Stadien kann sich die Behandlung über drei Wochen oder länger hinziehen. Im Regelfall werden die Antibiotika oral, daher in Form von Tabletten, verabreicht. Patienten im Spätstadium erhalten die Antibiotika gelegentlich auch intravenös, daher mittels Infusion.
Folgende Antibiotika kommen bei der Behandlung von Borreliose im Frühstadium zum Einsatz: Doxycyclin oder Amoxicillin, Therapiealternativen sind Cefuroxim,Azithromycin oder Phenoxylmethylpenicillin (Penicillin V).
Rechtzeitig erkannt kann Borreliose sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen im Allgemeinen sehr gut behandelt werden. Spätfolgen oder Komplikationen sind sehr selten und können in den meistens Fällen ausgeschlossen werden. Auch vorübergehende Lähmungserscheinungen wie im Fall einer Neuroborreliose lassen sich gut therapieren und klingen nach ca. zwei Monaten vollständig wieder ab. Weitaus schwieriger zu behandeln sind chronische Beschwerden die sich im Spätstadium einer Borreliose entwickeln. Doch auch hier können mit Antibiotika erfolgsversprechende Ergebnisse erzielt werden.
Wie Sie sich vor Borreliose schützen
Während man sich vor einigen anderen durch Zecken übertragenen Erkrankungen mittels Impfung schützen kann, gibt es derzeit noch keinen effektiven Impfstoff gegen Borreliose. So ist es auch eine irrtümliche Annahme, dass die Zeckenschutzimpfung (FSME-Impfung) eine vorbeugende Maßnahme gegen Borreliose darstellt. Die FSME-Impfung schützt zwar gegen die durch Zecken ausgelöste Frühsommer-Meningoenzephalitis (Gehirnhautentzündung), bietet jedoch keinerlei Schutz gegen Borreliose.
Einmal angesteckt, kann die Infektion auch nicht von einer Person auf eine andere übertragen werden.
Trotz des fehlenden Impfstoffs gibt es einiges was man tun kann, um einer Borreliose vorzubeugen:
Selbstständige Entfernung der Zecke: Bemerken Sie eine Zecke auf Ihrer Haut sollten Sie versuchen, diese so vorsichtig wie möglich zu entfernen. Panikreaktionen oder hastige Entfernungsversuche sollten vermieden werden, da so die Gefahr besteht, dass nur ein Teil der Zecke entfernt wird oder Erreger aus der Zecke verstärkt in den Körper befördert werden. Am besten lassen sich Zecken mit einer Pinzette oder mit den Fingern entfernen. Üben Sie beim Entfernen keinen Druck aus und vermeiden Sie das Drehen der Zecke. Ziehen Sie die Zecke stattdessen sorgfältig heraus. Kann nicht die ganze Zecke entfernt werden, wird der im Körper verbleibende Teil im Regelfall nach einigen Tagen selbstständig ausgeschieden.
Bedecken Sie Ihre Haut: Auch das Tragen von langärmliger Kleidung bei einem Aufenthalt in der Natur kann das Risiko eines Zeckenbisses und der damit verbundenen Borreliose-Erkrankung reduzieren. Da Kinder häufig am Kopf gebissen werden, ist eine Kopfbedeckung vor allem beim Spielen im Grünen empfehlenswert.
Insektenschutz: Spezielle insektenabwehrende Sprays, Cremen und Gels aus der Apotheke können einem Zeckenbiss vorbeugen. Tragen Sie diese vorbeugend vor einem Ausflug an nicht bedeckten Körperstellen wie Armen und Beinen auf.
Selbstuntersuchung: Da viele Menschen einen Zeckenbiss nicht sofort spüren oder wahrnehmen, empfiehlt es sich die Haut nach einem Aufenthalt in der Natur gezielt auf Zecken, Zeckenbisse und auffällige Rötungen zu untersuchen.
Ärztliche Untersuchung: Verdächtige Veränderungen auf der Haut sollten ärztlich abgeklärt werden, vor allem, wenn Sie mit grippeähnlichen Symptomen wie leichtem Fieber oder allgemeinem Unwohlsein einhergehen. Diese Anzeichen können ein Hinweis darauf sein, dass der Organismus mit der Produktion von Antikörpern gegen die in den Körper eingedrungenen Borrelien begonnen hat. Im Rahmen eines ärztlichen Gesprächs und weiteren Untersuchungen (Haut- und Blutuntersuchung) stellt der Arzt fest, ob es sich um eine Borreliose-Erkrankung handelt. Erste Anzeichen für Borreliose sind kein Grund für Panik, da der Arzt gegebenenfalls sofort mit der entsprechenden Therapie beginnen kann und die Erkrankung mit Antibiotika gut behandelbar ist.
Borreliose (Lyme-Krankheit), Informationen für medizinisches Fachpersonal, Stand 17.7.2017, Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz
Lyme-Borreliose, RKI-Ratgeber, Robert Koch Institut, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_LymeBorreliose.html, Zugriff 8.7.2021
Dr. Roland Axmann, 1. Medizinische Abteilung, Hanusch Krankenhaus Wien, Borreliose, Fakten der Rheumatologie 03/2013, MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH
Hemmer J. et al., Abteilung für Tropenmedizin und Infektionskrankheiten, Klinik für Innere Medizin II, Universität Rostock, Deutschland, Klimawandel und „emerging infections“, Universum Innere Medizin 01/2013, MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH
Dr. Marton Széll, Stabsstelle Krankenhaushygiene, SMZ Ost, ECCMID – Borreliose – Update 2013, Universum Innere Medizin 05/2013, MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH
Krause A. et al., Rheumakliniken Berlin-Buch und Berlin-Wannsee, Immanuel-Krankenhaus, Berlin, Lyme-Borreliose, Zeitschrift für Rheumatologie 2009 68:239-254, Springer Medizin Verlag