In unserem Darm leben unzählige Bakterien, die uns helfen, die Nahrung zu verdauen. Sie stellen auch zahlreiche Substanzen her, die große Auswirkungen auf biologische Prozesse im Körper haben. Doch was machen die Mikroorganismen genau? Welche Enzyme stellen sie wann her? Und wie verarbeiten die Bakterien gesundheitsfördernde Nahrungsmittel, die zu einer Krankheitsvermeidung beitragen könnten?
Antworten darauf könnten Schweizer WissenschaftlerInnen liefern. Sie veränderten Bakterien dahingehend, dass sie als Datenlogger funktionieren und Informationen zur Genaktivität der Bakteriengemeinschaft aufzeichnen. Durch gentechnische Tricks können diese „Spionagebakterien“ in den Darm eingebracht werden und Informationen darüber aufzeichnen, welche Gene in den Bakterien des Darms aktiv sind. Dazu werden aktive Gen-Schnipsel (m-RNA), also Bauanleitungsmoleküle, welche Zellen zur Herstellung von Proteinen verwenden „eingesammelt“ und ausgewertet.
Erfolgreich getestet wurden die „Sensorbakterien“ bereits in Mäusen. Das Team sammelte Kotproben dieser Tiere, isolierte daraus die bakterielle DNA und analysierte diese mittels Hochdurchsatz-DNA-Sequenzierung.
Mit der neuen Methode können Informationen direkt aus dem Darm gewonnen werden, ohne dass dabei die Darmfunktion gestört wird. Patienten könnte so möglicherweise eine Darmspiegelung erspart und Krankheiten leichter diagnostiziert werden. Untersuchen ließe sich auf diesem Weg auch, wie die Ernährung das Darm-Ökosystem beeinflusst und wie sich dies auf die Gesundheit auswirkt. Die Methode soll auch dazu verwendet werden, um den Ernährungszustand von Kindern oder Erwachsenen zu ermitteln, etwa um entscheiden zu können, ob eine Mangelernährung vorliegt oder Patienten Nahrungsergänzungsmittel benötigen.
Die Forschenden waren auch in der Lage Entzündungsreaktionen im Darm zu erkennen. Sie verabreichten Mäusen mit einer Darmentzündung sowie gesunden Mäusen die Sensorbakterien und konnten so spezifische Boten-RNA-Profile von Darmbakterien ermitteln, die in den Entzündungsmodus wechselten.
Denkbar wäre auch, das System weiterzuentwickeln, um RNA-Profile von Bakterien im Dünn- und Dickdarm zu unterscheiden. Außerdem könnte man die Datenlogger-Funktion in verschiedenste Bakterienarten einbauen. Damit würden Anwendungen im Umweltmonitoring möglich. Durch die Analyse von Bodenbakterien aus bestimmten Gebieten könnte man zum Beispiel nachweisen, ob Herbizide verwendet wurden.
Referenz:
ETH Zürich, Uni Bern
Noninvasive assessment of gut funtion using transcriptonal recording sentinel cells. Science 2022; https://www.science.org/doi/10.1126/science.abm6038
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