Impfstoffe gegen das Grippe-Virus bringen das Immunsystem in der Regel dazu, Antikörper zu bilden, die einen bestimmten Teils des Virus erkennen, typischerweise den Kopf des Hämagglutinins (HA). Dieses Protein, das sich von der Oberfläche des Virus nach außen erstreckt, ist der am besten zugängliche Bereich des HA und damit ein gutes Ziel für das Immunsystem. Der Nachteil: diese Stelle ist auch eine der variabelsten und mutiert von Jahr zu Jahr, so dass jährlich angepasste Impfstoffe gegen das Grippe-Virus erforderlich sind.
Ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hat jetzt experimentelle Grippeimpfstoffe entwickelt, die universeller einsetzbar sind und den Körper dazu anregen, Antikörper gegen eine weniger variable Region (Stielregion des HA) zu bilden. In der Studie wurden 358 verschiedene Antikörper im Blut von Personen analysiert, die entweder einen saisonalen Grippeimpfstoff erhalten haben, an einer Phase-I-Studie für einen experimentellen universellen Grippeimpfstoff teilnahmen oder sich auf natürliche Weise mit Influenza infiziert hatten. Dabei stach eine Gruppe von 50 neuen Antikörpern heraus, die an den unteren Teil des Stiels, den die Wissenschaftler als Anker bezeichnen, andocken. Einem Bereich, der sich glücklicherweise nicht von Saison zu Saison verändert.
Vier Antikörper, die sich sowohl in Computer-Simulationen als auch im Labor als zuverlässig erwiesen, wurden weiter untersucht und lieferten wichtige Erkenntnisse über ihr Verhalten und ihre Bindungseigenschaften. Geplant sind nun weitere Studien zur Entwicklung eines Impfstoffes, der sich direkt gegen diese konservierte Region, die in allen Grippestämmen vorhanden ist, richtet. Die Antikörper selbst wiederum könnten auch als Heilmittel bei einer bestehenden Infektion eingesetzt werden.
Referenz:
Universität Innsbruck, University of Chicago, Scripps Research Institute, Icahn School of Medicine
Broadly neutralizing antibodies target a hemagglutinin anchor epitope, Nature 2021; https://doi.org/10.1038/s41586-021-04356-8