Zusammenfassung
Factbox – Polyzystisches Ovaraialsyndrom
Synonym: Polyzystisches Ovarialsyndrom, PCO-Syndrom, Polyzystisches Ovarsyndrom, PCOS
Definition: chronische Hormonstörung der Frau im fruchtbaren Alter
Symptome: abnorme Hormonkonzentrationen in Blut und Urin, männliche Körperbehaarung, tiefe Stimmlage, männliche Körperproportionen, vergrößerte Brustdrüsen, Klitoris-Vergrößerungen, Zyklusstörungen, Fruchtbarkeitsstörungen, vermehrte Hautfettproduktion, Akne, Übergewicht, Insulin-Resistenz, mehrfache Zystenbildung im Bereich der Eierstöcke, Veränderungen im Stoffwechsel u.a.m.
Therapie: bei Patientinnen ohne Kinderwunsch: Lebensstiländerung, Antidiabetika, hormonelle Therapien; bei Patientinnen mit Kinderwunsch: Lebensstiländerung, direkte hormonelle Stimulation der Follikelreifung, Gonadotropine, In-vitro-Fertilisation, Operation
Was ist ein polyzystisches Ovarialsyndrom?
Beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) handelt es sich um die häufigste Hormonstörung der Frau im fruchtbaren Alter und um eine bedeutende Ursache für Zyklusstörungen und Unfruchtbarkeit. Die Erkrankung zeigt sich oft an vielen kleinen Zysten in den Eierstöcken, den so genannten polyzystischen Ovarien (PCO). Solche Veränderungen kommen bei rund 20 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter vor, sind aber nicht immer mit Symptomen oder Beschwerden verbunden.
Liegt ein PCO-Syndrom vor, so kommt es zu Symptomen, die durch Störungen der Regelmechanismen im weiblichen Hormonhaushalt bedingt sind. Vor allem Hormone wie das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, das männliche Geschlechtshormon Androgen, das luteinisierende Hormon (LH) und das Follikel-stimulierende Hormon (FSH) spielen hier eine Rolle. Im Besonderen kommt es zu einer Überproduktion von Androgenen, was auch der Grund dafür ist, dass beim PCOS typische Symptome wie eine männliche Körperbehaarung auftreten. Viele Frauen mit PCOS haben doppelt so hohe Androgen-Werte wie Gesunde.
Zudem begünstigt das Ungleichgewicht der Sexualhormone eine Ovulationsstörung, also eine Störung im Zusammenhang mit dem Eisprung. Dies wiederum führt zu Fruchtbarkeitsbeeinträchtigungen, und betroffene Frauen leiden auch unter unregelmäßigen Blutungen, wobei es auch zum Ausbleiben der Menstruation kommen kann. Dazu gesellt sich häufig auch eine Insulin-Resistenz, und die Insulin-Rezeptoren reagieren nicht mehr ausreichend auf das ausgeschüttete Insulin. Das führt zu einer Stoffwechselsituation, die Diabetes mellitus Typ II gleicht.
Das PCOS kann bei fruchtbaren Frauen grundsätzlich in jedem Alter auftreten, wird aber oft vor allem in der späteren Jugend bemerkt. Weltweit sind bis zu acht Prozent aller Frauen von dieser vielschichtigen hormonellen Erkrankung betroffen, die oft auch mit Depression und Angststörung einhergeht.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen für die Entstehung eines Polyzystischen Ovarialsyndroms sind noch nicht geklärt. Man nimmt aber an, dass es eine genetische Komponente gibt, da die Erkrankung in manchen Familien gehäuft auftritt. Man nimmt an, dass die Störungen im Hormonhaushalt von der Hirnanhangdrüse ausgehen. Dort werden das Follikel stimulierende Hormon FSH und das luteinisierende Hormon LH freigesetzt, und diese beiden Hormone regen in den Eierstöcken sowohl die Eizellreifung als auch die Produktion von Östrogenen und Androgenen an. Vor allem die Androgen-Produktion wird von LH stimuliert, daher findet sich bei PCOS-Patientinnen häufig eine Erhöhung des LH.
Was die erwähnte Insulin-Resistenz betrifft, so scheint sie ebenfalls eine Rolle zu spielen, denn der erhöhte Insulinspiegel regt die Androgen-Produktion im Eierstock an und verringert die Bildung eines Proteins, das vor allem Testosteron bindet. Dadurch erhöht sich die Testosteron-Konzentration im Blut und es kommt zu den Vermännlichungssymptomen. Zudem scheint auch ein mit der Insulin-Resistenz verknüpftes Übergewicht einen bedeutenden Risikofaktor darzustellen, wobei aber auch schlanke Frauen, die nicht an Diabetes leiden, am PCOS erkranken können. Bei ihnen kommen vor allem die genetische Komponente, Stress, Essstörungen und Suchterkrankungen als risikofördernde Faktoren in Frage.
Symptome des PCOS
Das polyzystische Ovarialsyndrom führt zu verschiedensten Symptomen, die von Frau zu Frau unterschiedlich sind. Das Symptom, das allen gemeinsam ist, sind die abnormalen Hormonkonzentrationen in Blut und Urin. Häufig sind die Werte von LH, Testosteron und weiteren Sexualhormonen verändert. Dies führt unter anderen zu folgenden Symptomen:
- männliche Körperbehaarung (Hirsutismus): vermehrte Behaarung in Gesicht, zwischen den Brüsten, auf der Innenseite der Oberschenkel und vom Schambein bis zum Nabel, evtl. Haarausfall wie bei Männern
- tiefe Stimmlage
- männliche Körperproportionen
- vergrößerte Brustdrüsen
- Klitoris-Vergrößerungen
- Zyklusstörungen: z.B. Ausbleiben der Menstruation bis hin zum Ausbleiben der Ovulation
- Fruchtbarkeitsstörungen
- vermehrte Hautfettproduktion
- Akne
- Übergewicht bis hin zu Adipositas
- Insulin-Resistenz
- mehrfache Zystenbildung im Bereich der Eierstöcke
- Veränderungen im Stoffwechsel: typisch ist das Auftreten des metabolischen Syndroms, einer Stoffwechselstörung mit Übergewicht, hohen Blutfettwerten und hohem Blutdruck
Diagnose des polyzystischen Ovarialsyndroms
Die Diagnose eines poylzystischen Ovarialsyndroms wird meist von Fachärzten der Gynäkologie gestellt. Sie erheben die Krankengeschichte und führen eine gynäkologische Untersuchung durch. Ebenso wird ein Ultraschall der Eierstöcke und der Gebärmutter gemacht, die Geschlechtshormone im Blut werden bestimmt, und wenn eine Patientin Übergewicht hat, werden Blutzucker und Blutfettwerte kontrolliert. Die Diagnose PCOS wird gestellt, wenn mindestens zwei der folgenden Symptome auftreten:
- viele kleine Zysten in mindestens einem Eierstock (PCO)
- Menstruationen mit sehr langen Intervallen oder keine Menstruation
- hohe Testosteronwerte im Blut und/oder männlicher Behaarungstyp
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch zu wissen, dass die Symptomatik von PCOS bei voller Ausprägung des Syndroms zwar leicht zu erkennen ist, dass es aber auch eine Reihe anderer Erkrankungen gibt, die mit ähnlichen Beschwerden oder Befunden einhergehen. Das können zum Beispiel Essstörungen, hormonproduzierende Tumoren oder Störungen der Schilddrüsenfunktion sein, auch ein plötzliches Absetzen der Pille ist hier zu berücksichtigen.
Therapie des PCO-Syndroms
Das polyzystische Ovarialsyndrom ist grundsätzlich nicht heilbar, das Ziel einer Therapie ist daher die Linderung jener Beschwerden, unter denen die Patientin am meisten leidet. Sie richtet sich natürlich auch danach, ob bei der betroffenen Frau ein Kinderwunsch besteht oder nicht.
Bei Patientinnen mit PCOS ohne Kinderwunsch, die gleichzeitig an Übergewicht und Störungen des Zuckerstoffwechsels leiden, besteht die effektivste Therapie in einer Lebensstiländerung, bei der vor allem regelmäßige Bewegung und ausgewogene Ernährung im Vordergrund stehen. Wenn es gelingt, das Gewicht zu reduzieren, verbessert sich die Insulin-Resistenz und die erhöhten Insulinwerte sinken ab. Dies wiederum vermindert die Androgen-Produktion und reguliert den Zyklus.
Manchmal werden auch Antidiabetika wie etwa Metformin verschrieben. Dieser Wirkstoff verbessert die Wirkung des Insulins, und der Blutzucker kann besser abgebaut werden. Zudem kann Metformin den Zyklus wie Hautprobleme und das Körpergewicht positiv beeinflussen. Was andere PCOS-Symptome wie Hautunreinheiten, Haarausfall oder vermehrte Körperbehaarung betrifft, so kann mit einer hormonellen Therapie, etwa mit einer antiandrogenen Antibabypille entgegengewirkt werden.
Auch bei Patientinnen mit PCOS, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben, ist die Lebensstiländerung die wichtigste Maßnahme, vor allem dann, wenn die Frau gleichzeitig unter Übergewicht und Störungen des Zuckerstoffwechsels leidet. Zudem kommt oft eine direkte hormonelle Stimulation der Follikelreifung zum Einsatz, wobei die Eierstöcke mit Antiöstrogenen angeregt werden. Ist das nicht erfolgreich und findet kein Eisprung statt, können so genannte Gonadotropine (LH und FSH) gegeben oder eine Schwangerschaft auf künstlichem Weg (In-vitro-Fertilisation) eingeleitet werden. Dabei gibt es aber ein gewisses Risiko für Mehrlingsschwangerschaften.
In manchen Fällen kann auch eine Operation sinnvoll sein. Dabei werden im Rahmen einer Bauchspiegelung die Eibläschen punktuell durch Hitze zerstört, wodurch sich oft die Eierstockfunktion normalisiert und die Regelblutungen wieder regelmäßig werden.
Die Behandlung eines PCO-Syndroms sollte zudem auch psychologische Aspekte umfassen, wobei vor allem eine Depression oder Angststörung berücksichtigt werden sollte.
Prognose
Was die Prognose des PCOS betrifft, so handelt es sich dabei zwar um eine chronische und lebensbegleitende Krankheit, aber mit der richtigen und rechtzeitigen Therapie können betroffene Frauen ein uneingeschränktes Leben führen und auch Kinder bekommen.
International evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome 2018
https://www.monash.edu/__data/assets/pdf_file/0004/1412644/PCOS_Evidence-Based-Guidelines_20181009.pdf, Abruf Oktober 2021
https://www.gynecology-guide.com/gynaekologie/pcos/, Abruf Oktober 2021
https://www.mooci.org/gynaekologie/polyzystisches-ovarialsyndrom/, Abruf Oktober 2021
https://medlexi.de/PCO-Syndrom_(polyzystisches_Ovarialsyndrom, Abruf Oktober 2021
https://www.amboss.com/de/wissen/Polyzystisches_Ovarialsyndrom/, Abruf Oktober 2021
https://www.kup.at/kup/pdf/8718.pdf, Abruf Oktober 2021