Autoimmunerkrankungen treten auf, wenn das Immunsystem körpereigene Organe angreift. Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. Die Krankheit zeichnet sich durch die Zerstörung des Myelins aus, das eine schützende Isolierung der Nervenzellen darstellt und für die korrekte und schnelle Übertragung elektrischer Signale wichtig ist. Seine Zerstörung führt somit zu neurologischen Behinderungen bis hin zu Lähmungen.
Dieser Prozess benötigt eine Menge Energie. Wird diese anderweitig verwendet, könnte man die Erkrankung möglicherweise aufhalten, postulierten deshalb Forschende der Universität Genf. Um diese Theorie zu verifizieren, entzogen sie Mäusen mit einer MS-ähnlichen Erkrankung Energie, indem sie sie einer kälteren Umgebungstemperatur aussetzten. Die Tiere benötigen dadurch mehr Ressourcen, um ihre Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Im Ergebnis führte dies tatsächlich dazu, dass sich ihre Erkrankung verbesserte. Durch die Reduzierung der Umgebungstemperatur um zehn Grad, kam es zu einer Abnahme entzündungsfördernder Immunzellen und die Mäuse waren viel agiler. Zudem verringerte sich das Ausmaß der im Zentralnervensystem beobachteten Demyelinisierung.
Ob und wie sich dieses Konzept klinisch nutzen lässt, ist allerdings noch unklar. Aber es bietet möglicherweise eine Erklärung dafür, warum die in den letzten Jahrzehnten spürbare Verbesserung der Lebensbedingungen in den westlichen Ländern zu einer Zunahme von Autoimmunerkrankungen geführt hat. Obwohl dieser Anstieg vermutlich mehrere Gründe hat, könnte eine zu warme Umgebungstemperatur eine noch wenig verstandene Rolle bei der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen spielen, meinen die Wissenschaftler.
Referenz:
Université de Genève
Cold exposure protects from neuroinflammation through immunologic reprogramming, Cell Metabolism 2021; https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1550413121004800?via%3Dihub