Ein gesunder Mensch produziert rund 100 Milliarden Blutplättchen (Thrombozyten) pro Tag, mehr als eine Million Blutplättchen pro Sekunde. Wie der Organismus diese enorme Leistung bewältigt, haben jetzt Physiker der Universität Bayreuth mit Hilfe von Computersimulationen herausgefunden.
Thrombozyten sind lebenswichtige Zellen mit einem Durchmesser zwischen 0,0015 und 0,003 Millimetern und haben die Aufgabe, Verletzungen der Blutgefäße möglichst schnell wieder abzudichten. Damit die hierfür erforderliche hohe Zahl von Blutplättchen jederzeit zur Verfügung steht, reichen die biologischen Fähigkeiten des Organismus alleine nicht aus. Er benötigt die Unterstützung durch einen besonders effizienten physikalischen Mechanismus.
Die Blutplättchen entstehen in den Blutgefäßen aus speziellen Zellen, die im Knochenmark lokalisiert sind und von dort dünne fingerartige Strukturen in die Blutbahn ausstrecken. Danach verhält es sich ähnlich wie bei einem Wasserhahn: So wie ein dünner Wasserstrahl durch die Oberflächenspannung in einzelne Tröpfchen zerfällt, so zerbrechen die fingerartigen Strukturen in einzelne Tröpfchen. Aus jedem dieser Tröpfchen entsteht dann ein neues Blutplättchen.
„Mit Computersimulationen ist es möglich, diese Prozesse detailgenau nachzuvollziehen und sichtbar zu machen“, so Studienleiter Prof. Dr. Stephan Gekle von der Universität Bayreuth, „diese Grundlagenforschung hat für die Medizin einen praktischen Nutzwert – insbesondere wenn es um die Optimierung von Bioreaktoren geht, die heute für die künstliche Herstellung von Thrombozyten verwendet werden“.
Referenzen:
Universität Bayreuth, Universitätsklinikum Würzburg
Bächer C et al.: Flow-accelerated platelet biogenesis is due to an elasto-hydrodynamic instability. PNAS 2020, 27 July 2020;
DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2002985117