Zusammenfassung
Factbox Bisswunden
Entstehung: durch mechanische Einwirkung von Tier- oder Menschenzähnen auf eine Körperpartie
Formen: schlitz- oder punktförmige Verletzungen, unter denen größere Wundräume verborgen sein können; Quetschwunden mit flächigen Substanzdefekten.
Hohes Infektionsrisiko!
Symptome: starke Schmerzen und mittlere bis starke Blutungen
Mögliche Komplikationen: Blutvergiftung, Abszesse, Nekrosen
Therapie: Wundreinigung und Desinfektion, Schmerztherapie, evtl. Sedierung, ggf. chirurgische Versorgung, Wundverband, ggf. Antibiotikatherapie und postexpositionelle Immunisierung
Erstselbsthilfe: Säuberung und Desinfektion der Wunde, Versorgung der Wunde mit Verband, Arztbesuch!
Warum Bisswunden gefährlich sind
Bissverletzungen sind ein häufiges Gesundheitsproblem. Meist rühren sie von Tieren wie Hund und Katze her, aber auch Bisse, die Menschen von Menschen zugefügt werden, sind keine Seltenheit. Die Wunde selbst entsteht durch mechanische Einwirkung von Tier- oder Menschenzähnen auf eine Körperpartie. Dabei werden die im Mund vorhandenen Bakterien auf das Bissopfer übertragen und können lokale oder sich weiter ausbreitende Infektionen verursachen. Bei Bissen durch Gifttiere wie Schlangen kann es zudem zu Vergiftungen kommen.
Der Umfang und die Art der Verletzung sind von der Form der Zähne und vom Kaudruck der Kiefer abhängig. Front- oder Eckzähne führen zu schlitz- oder punktförmigen Verletzungen, unter denen sich in der Tiefe größere Wundräume verbergen können. Mahlzähne mit großer Kaufläche führen eher zu Quetschwunden mit flächigen Substanzdefekten.
Das Gefährliche an einem Biss ist auch, dass ungewöhnliche Erreger aus dem Speichel des zubeißenden Tieres in die Wunde gelangen und es dann zu einer Infektion kommen kann. Das Infektionsrisiko nach einem Biss beträgt 65 bis 80 Prozent und ist abhängig von der Art und der Lokalisation der Wunde sowie vom individuellen Patientenprofil und dem des Verursachers. Besonders erhöht ist das Infektionsrisiko bei tiefen Wunden, verschmutzten Wunden, Wunden mit starker Gewebszerstörung, Ödem, schlechter Durchblutung sowie Wunden an Händen, Füßen, im Gesicht, an den Genitalien und im Bereich von Knochen, Gelenken und Sehnen.
Infektiöse Komplikationen wie Phlegmone (Blutvergiftungen), Abszesse und Nekrosen kommen häufig vor, und eine adäquate chirurgische Versorgung von Bisswunden ist von entscheidender Bedeutung.
Symptome bei einer Bisswunde
Typische Beschwerden bei einer Bisswunde sind starke Schmerzen und mittlere bis starke Blutungen. Dabei ist auch entscheidend, wie groß die verletzten Gefäße sind und wie gut durchblutet das angegriffene Areal ist. Eine Bisswunde in der Wade blutet zum Beispiel weniger stark als eine Bisswunde im Bereich der Hand.
Hundebisswunden
Da Hunde einen sehr kräftigen Kieferschluss haben, führen Hundebissverletzungen meistens zu einer lokalen Gewebszerstörung sowie aufgrund der Reißzähne des Tieres zu oberflächlichen bis tiefen Bisskanälen. Es kommt zu Zerreißungen, Quetschungen und der tiefen Einbringung von infektiösem Material. Das Ausmaß der Verletzungen reicht von kleinen Gewebszerreißungen bis hin zu großen Defekten.
In der Versorgung dieser Wunden geht es um Schmerztherapie und eventuell Sedierung. Ein sicherer Wundverband muss angelegt und eine Unfallanamnese erstellt werden. Der Tollwut-Impfstatus des Hundes muss eventuell mit polizeilicher Unterstützung geklärt werden. Bei negativem oder unklarem Impfstatus braucht es eine Immunisierung des Patienten. Diese ist aufwendig und meist belastend für den Betroffenen.
Katzenbisswunden
Bissverletzungen durch eine Katze finden sich in der Regel an der Hand. Da Katzen lange Eckzähne haben, kann es zu einem tiefen Eindringen von infektiösem Material kommen, auch dann, wenn die Haut nur punktuell verletzt ist. Ein Katzenbiss ist hochriskant, da auch die tiefen Handkompartimente und der Knochen betroffen sein können. In der Versorgung von Katzenbisswunden geht es um Schmerztherapie, Wundinspektion, Bisskanalsondierung und Spülung, Wundreinigung, Desinfektion und obligatorisch um eine Antibiotikatherapie.
Wildtierbisswunden
Wildtierbisse, etwa von Nagern oder Füchsen müssen immer in Hinsicht auf eine Tollwutinfektion betrachtet werden. Die Versorgung dieser Wunden erfolgt wie bei Hunde- und Katzenbissen. Eine Infektionsgefahr ist immer gegeben. Eine postexpositionelle Tollwut-Impfung ist erforderlich, eine Antibiotikatherapie wird empfohlen.
Schlangenbisswunden
Typisch für Schlangenbisswunden ist eine „Doppelpunkt“-Bissmarke. In der Versorgung von Schlangenbisswunden geht es zunächst um die intensivmedizinische Überwachung des Patienten, die Eruierung der Schlangenart und ggf. um eine Therapie mit einem Immunserum, das speziell zur Behandlung von Vergiftungen durch Schlangengifte eingesetzt wird. Danach müssen Wundreinigung und Desinfektion durchgeführt werden. Oft wird das Ausmaß der durch das Gift hervorgerufenen Gewebszerstörung erst nach Tagen sichtbar, aufwändige Rekonstruktionen wie Hauttransplantationen können notwendig werden.
Menschenbisswunden
Aufgrund der speziellen Mundflora des Menschen mit anaeroben Bakterien und Pilzen ist die Infektionsgefahr bei Menschenbissen hoch. Nach gründlicher Desinfektion muss eine offene Wundbehandlung durchgeführt werden. Die Versorgung erfolgt wie bei anderen Bisswunden.
Nachsorge
Auch kleinste Bisswunden gehören zum Arzt, und auch die Nachsorge ist besonders wichtig, um Komplikationen wie Infektionen oder im schlimmsten Fall eine Blutvergiftung zu vermeiden.
Erstselbsthilfe bei Bisswunden
- Intensive Säuberung und Desinfektion der Wunde (spezielle Spüllösungen können eine weitere Infektion der Wunde eventuell verhindern.)
- Versorgung der Wunde mit einem Pflaster oder Verband, bei größeren Wunden mit sterilen Kompressen oder Feuchtpflastern aus der Apotheke
- Arztbesuch mit Überprüfung und ggf. Auffrischung des Impfschutzes
Rechtliches
Bei einem Hundebiss ist der Arzt bzw. das Krankenhaus verpflichtet, den Biss bei der Polizei zu melden. Es muss geklärt werden, ob das Tier gegen Tollwut geimpft ist. Ist der Hund wutkrank bzw. wutverdächtig, so muss eine Anzeige an die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) erfolgen. Hunde, die die Verletzung verursacht haben, müssen nicht eingeschläfert werden, sofern sie nachweislich gegen Tollwut geimpft sind. Sie müssen zehn Tage lang sicher verwahrt und innerhalb dieser Zeit zweimal vom Tierarzt auf Tollwut untersucht werden. Der Tierarzt muss die Untersuchungsergebnisse der Polizei und den Gesundheitsbehörden übermitteln.
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