Ärztin hält Kind an der Schulter, sie schauen gemeinsam aus dem Fenster
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Leukämien bei Kindern

Leukämien sind bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems und die häufigsten Krebs-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Sie führen unbehandelt zu schweren Erkrankungen, die ihrerseits rasch zum Tod führen. Dank neuer Behandlungsmethoden können heute jedoch rund 90 Prozent der betroffenen Kinder dauerhaft von Leukämien geheilt werden.

Zusammenfassung

Factbox

Leukämie: bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems

Symptome: Mattigkeit, Blässe, Spielunlust, Infektionen mit Fieber, eventuell Haut- und Schleimhautblutungen; später auch Organbeschwerden und Knochenschmerzen; bei manchen Formen Gesichtslähmungen, Sehstörungen, Erbrechen

Therapie: Chemotherapie, manchmal zusätzlich Strahlentherapie des Zentralnervensystems (Schädel-Bestrahlung), in bestimmten Fällen werden  hoch dosierte Chemotherapien mit anschließender Stammzelltransplantation eingesetzt

Prognose: 90 Prozent der an ALL erkrankten Kinder können geheilt werden. Über 70 Prozent der an AML erkrankten Kinder leben fünf Jahre nach Diagnosestellung krankheitsfrei

Was sind Leukämien?

Leukämien sind bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems und mit einem Anteil von rund 33 Prozent die häufigsten Krebs-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.

Sie entstehen dort, wo Blut gebildet wird, also im Knochenmark. Beteiligt ist aber auch das lymphatische System, dem Organe wie die Milz und das Lymphgewebe zugerechnet werden.
Bei einer Leukämie kommt es zu einer Überproduktion von unreifen weißen Blutzellen (Leukozyten), die zunehmend die normale Blutbildung stören, sodass nicht mehr ausreichend gesunde weiße und rote Blutkörperchen gebildet werden  können. Diese „bösartige“ Veränderung kann auf verschiedenen Stufen der Zellentwicklung erfolgen und verschiedene Untergruppen von Leukozyten (z. Bsp. Lymphozyten) beziehungsweise deren Vorstufen betreffen.

Ohne eine entsprechende Behandlung können sich Leukämie-Zellen ausbreiten, Körperorgane schädigen und schwere Erkrankungen hervorrufen, die  innerhalb weniger Monate zum Tod führen.

Experten unterscheiden die akute lymphatische Leukämie (ALL) und die akute myeloische Leukämie (AML). Beide Formen können auch in schleichender (chronischer) Form auftreten (CLL, CML), wobei der Verlauf im Kindes- und Jugendalter aber zu über 95 Prozent akut, also rasch fortschreitend ist.

Glücklicherweise können heute rund 90 Prozent der betroffenen Kinder dauerhaft von Leukämien geheilt werden. Extrem wichtig für eine Heilung sind Früherkennung und eine schnelle Therapie.

Warum erkranken Kinder an Leukämie?

Die genauen Ursachen warum Leukämien auftreten, sind bis heute weitgehend unbekannt. Man weiß zwar, dass die  Krankheit durch bösartige Veränderungen von Zellen entsteht und dass damit Veränderungen im Erbgut einhergehen, aber warum es zu den genetischen Veränderungen kommt oder warum sie nur bei manchen Kindern zu Krebs führen, ist unklar. Nach heutigem Kenntnisstand, müssen mehrere genetische Veränderungen zusammenkommen, bevor eine Leukämie entsteht.
Bekannt ist auch, dass Kinder und Jugendliche mit bestimmten ererbten oder erworbenen Immundefekt‎en oder mit bestimmten Chromosomveränderungen, wie etwa dem Down-Syndrom, ein erhöhtes Risiko haben, an einer AML zu erkranken. Außerdem vermutet man, dass auch äußere Einflüsse bei der Entstehung einer Leukämie eine Rolle spielen – so etwa radioaktive Strahlen und Röntgenstrahlung, bestimmte chemische Substanzen und Medikamente, Zigaretten- oder Alkoholkonsum der Eltern und möglicherweise auch Viren.

Erste Anzeichen und Symptome

Erste Symptome einer Leukämie sind häufig allgemeine Krankheitszeichen wie Mattigkeit, Blässe, Schwindel und  Spielunlust, später auch Infektionen, die mit Fieber einhergehen, sowie eventuell Haut- und Schleimhautblutungen (blaue Flecken und punktförmige Blutungen). Im weiteren Verlauf kommt es neben Veränderungen im Blutbild zu Organbeschwerden: Organe wie die Milz oder Leber können anschwellen und Beschwerden wie Bauchschmerzen oder  Kopfschmerzen hervorrufen. Häufig sind auch Knochenschmerzen, vor allem in Armen und Beinen, und bei bestimmten Formen von Leukämien kann es zu Gesichtslähmungen, Sehstörungen und Erbrechen kommen.

Die Symptome einer Leukämie können individuell verschieden stark ausgeprägt sein, und das Auftreten eines oder mehrerer der genannten Krankheitszeichen muss nicht unbedingt bedeuten, dass das Kind an einer Leukämie leidet. Trotzdem wird empfohlen, bei derartigen Beschwerden so bald wie möglich den Kinderarzt zu konsultieren, denn im Fall einer Leukämie muss die Diagnose durch eine umfassende Blutuntersuchung und eine Knochenmarkspunktion gesichert und das Kind so rasch wie möglich behandelt werden. Welche (weiteren) Untersuchungen durchgeführt werden, hängt immer auch vom Einzelfall ab.

Therapien: abhängig vom Krankheitsbild

Die Therapie einer kindlichen Leukämie muss schnellstmöglich in einer kinderonkologischen Einrichtung mit spezialisiertem Fachpersonal erfolgen und richtet sich nach der Art der Leukämie, wie weit die Erkrankung bereits fortgeschritten ist und wie das Kind auf die Behandlung anspricht.

Im Zentrum aller Leukämie-Therapien steht die Chemotherapie mit zellwachstumshemmenden Medikamenten (Zytostatika), welche die Leukämiezellen im Körper möglichst vollständig vernichten sollen. Bei manchen Patienten muss zusätzlich eine Strahlentherapie des Zentralnervensystems (Schädel-Bestrahlung) vorgenommen werden, und in bestimmten Fällen ist eine hoch dosierte Chemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation notwendig. Die Intensität, Art und Dauer der Behandlung hängen davon ab, zu welcher Risikogruppe das Kind gehört.

Wenn es zu keinem Rückfall kommt, beträgt die Dauer der in mehreren Therapieschritten erfolgenden Behandlung eineinhalb bis zwei Jahre. Dabei ist mit mehreren Klinikaufenthalten und einer längeren ambulant‎en Therapiephase zu rechnen.

Grundsätzlich gilt, dass eine diagnostizierte akute Leukämie immer in spezialisierten Kliniken behandelt werden sollte.

Wie verläuft die Erkrankung? 

Die Heilungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Leukämien haben sich aufgrund der großen Therapiefortschritte in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Etwa 90 Prozent der an ALL erkrankten Kinder können dauerhaft von ihrer Krebs-Erkrankung geheilt werden. Auch über 70 Prozent  der an AML erkrankten Kinder leben fünf Jahre nach Diagnosestellung krankheitsfrei, doch fast ein Drittel von ihnen erleidet nach zunächst erfolgreicher Therapie einen Rückfall, und bei zehn Prozent greift die Therapie nicht oder nur unzureichend. Bei diesen Patienten kann aber mit einer weiteren Chemotherapie und anschließender Stammzelltransplantation zu ca. 40 Prozent noch eine Heilung erzielt werden. Zu einer Behandlung zugelassen sind mittlerweile auch hochmoderne Therapieformen, wie die CAR-T-Zelltherapie zur Behandlung einer ALL, die allerdings erst dann zum Zug kommt, nachdem alle anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden.

Mit Kindern über Krebs reden

Eine Krebs-Erkrankung ist immer eine enorme Belastung für das ganze System Familie. Die Krankheit ist lebensbedrohlich, Untersuchungen können schmerzhaft sein und Behandlungen können schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Alle Experten raten Eltern deshalb dazu, mit Ihrem Kind über die Krankheit zu sprechen. Sie sollten sich dabei aber nicht unter Druck setzen lassen, sondern sich die Zeit nehmen, bis die Diagnose bestätigt und der erste Schock und die eigenen allerersten Reaktionen verarbeitet sind.

Erst dann sollte das Kind, so bald es  eben geht, von seiner Krebserkrankung erfahren. Natürlich ist es dabei wichtig, die Krankheit altersgerecht zu erklären. Dabei lassen sich auch eigene Gefühle und Ängste einbauen, denn Kinder orientieren sich am Verhalten ihrer Eltern und lernen so, dass auch sie ihre Gefühle zeigen dürfen. Angesprochen werden sollte alles, das den Familienalltag künftig verändert, wobei man aber auch die Dinge erwähnen sollte, die weiterhin Bestand haben werden.
Sehr junge PatientInnen müssen nicht alles genau wissen, und viele Experten raten dazu, nicht über Dinge zu sprechen, die noch weit entfernt oder nicht voraussehbar sind. Als wichtiger Grundsatz gilt: Das, was erzählt wird, sollte wahr sein, damit das Vertrauen zwischen Kind und Erwachsenen bestehen bleibt.

Idealerweise stehen auch auch Hilfsangebote bereit, die bei dieser schwierigen Aufgabe Unterstützung bieten können: Expertinnen und Experten in dieser Angelegenheit finden sich zum Beispiel bei der Kinderkrebshilfe und im Krankenhaus, in dem das Kind behandelt wird.

  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

Maria Yiallouros: Leukämien – Blutkrebs. https://www.kinderkrebsinfo.de/erkrankungen/leukaemien/index_ger.html

Kaatsch P, Grabow D, Spix C: German Childhood Cancer Registry – Anual Report 2018 (1980-2017). https://www.kinderkrebsregister.de/typo3temp/secure_downloads/22605/0/2df4719687ba2596d4216218a4f4632763b64847/jb2018s.pdf

Indikation zur Behandlung mit CAR-T-Zellen: Wer kann CAR-T-Zellen erhalten? kinderkrebsinfo.de;https://www.kinderkrebsinfo.de/patienten/behandlung/behandlungsmethoden/car_t_zelltherapie/indikation/index_ger.html, Zugriff: 26.5.2021

Leukämie; Kinder- und Jugendärzte im Netz, https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/leukaemie-blutkrebs/was-ist-leukaemie-blutkrebs/; Zugriff: 26.5.2021

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