tropfende Infusionslösung
shutterstock.com

Was passiert bei einer Chemotherapie?

Eine Chemotherapie ist neben der Operation und der Strahlentherapie eine der zentralen Säulen der Krebsbehandlung. Dabei werden bösartige Tumoren mit Zytostatika behandelt. Diese Medikamente greifen in den Vermehrungszyklus der Krebszellen ein und werden in Form von Infusionen, Spritzen oder Tabletten gegeben. Da die zellschädigende Wirkung der Chemotherapie sich auch auf gesunde Zellen ausdehnen kann, kommt es zu den bekannten Nebenwirkungen.

Zusammenfassung

Factbox

Chemotherapie: Behandlung einer Krebserkrankung mit Zytostatika (zellzerstörende Medikamente)

Ziel der Behandlung: den Tumor zu verkleinern bzw. zum Verschwinden zu bringen und eventuelle Metastasen abzutöten

Form: Infusionen, Spritzen, Tabletten

Wirkweise: prinzipiell  werden Krebszellen, die sich gerade teilen, angegriffen. Durch eine Schädigung dieser Zellen an bestimmten Strukturen werden diese an der Zellteilung gehindert bzw. sterben ab

Ablauf: in Zyklen mit Wechsel von Behandlungsphasen und Behandlungspausen; ambulant oder stationär.

Nebenwirkungen: u.a. Entzündungen der Mundschleimhaut, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Durchfall, Blutarmut, erhöhtes Infektionsrisiko, Haarausfall, Fatigue, Störungen von Konzentrationsvermögen und Gedächtnis,…
Viele Nebenwirkungen können heute durch Supportivtherapien verhindert oder zumindest gelindert werden

Zum Begriff Chemotherapie

Unter einer Chemotherapie versteht man im Zusammenhang mit Krebs die Behandlung einer Krebserkrankung mit so genannten Zytostatika. Diese Medikamente hemmen das Wachstum, die Teilung und auch die Vermehrung von Krebszellen. Das Ziel einer solchen Therapie ist es, den Tumor zu verkleinern bzw. zum Verschwinden zu bringen und Krebszellen, die sich bereits im Körper ausgebreitet haben, abzutöten.

Die meisten Chemotherapien wirken im ganzen Körper und werden in der Regel in Form von Infusionen, Spritzen oder Tabletten gegeben. Bei dieser als systemische Therapie bezeichneten Methode verteilen sich die Wirkstoffe der Medikamente – anders als bei lokal wirksamen Methoden wie Operation oder Strahlentherapie – auch in den verschiedenen Organen und erreichen dadurch auch mögliche verstreute Tumorzellen und zerstören sie.  Eine Ausnahme bildet dabei nur das Gehirn, in das aufgrund der so genannten Blut-Hirn-Schranke nur bestimmte Zytostatika vordringen können. Durch eine systemische Chemotherapie können auch fortgeschrittene Krebsstadien, in denen sich bereits Metastasen gebildet haben, behandelt werden.

In selteneren Fällen kommt eine regionale oder lokale Chemotherapie zum Einsatz. So können etwa Körperhöhlen mit einer Chemotherapielösung gespült oder oberflächliche Tumoren der Haut mit  einer wirkstoffhältigen Salbe behandelt werden.

Wenn eine Chemotherapie nicht alleine, sondern gemeinsam mit einer Operation, einer Strahlentherapie oder beidem zur Anwendung kommt, spricht man von einer adjuvanten, einer additiven oder einer neoadjuvanten Chemotherapie.
Die adjuvante Chemotherapie wird im Anschluss an eine Operation, bei der der bösartige Tumor komplett entfernt wurde, durchgeführt und soll verhindern, dass sich eventuell im Körper verbliebene Krebszellen (Mikrometastasen) weiter vermehren und es zu einem neuerlichen Ausbruch der Krebserkrankung kommt.
Die additive Chemotherapie wird dann eingesetzt, wenn es nicht gelungen ist, das Tumorgewebe komplett durch eine Operation zu entfernen. Sie soll den Tumor verkleinern und eine weitere Ausbreitung der Krebserkrankung verhindern.
Die neoadjuvante Chemotherapie kommt zum Einsatz, wenn ein Tumor etwa aufgrund seiner Größe nicht vollständig entfernt werden kann. Sie soll den Tumor so verkleinern, sodass anschließend eine chirurgische Entfernung möglich ist.

Eine besondere Therapieform ist die so genannte Hochdosischemotherapie mit Stammzellentransplantation bei Leukämien. Dabei wird das erkrankte Knochenmark des Patienten mit einer besonders intensiven Chemotherapie zerstört, und anschließend werden gesunde blutbildende Stammzellen eines Spenders oder eigene, von den kranken Zellen gereinigte Stammzellen an den Patienten (zurück)gegeben. Ziel der Behandlung ist, dass sich nur gesunde Zellen im Knochenmark ansiedeln und vermehren.

Experten unterscheiden außerdem noch zwischen einer kurativen und einer palliativen Chemotherapie. Von einer kurativen Therapie ist die Rede, wenn eine vollständige Heilung des Patienten möglich ist. Von einer palliativen Behandlung spricht man, wenn die Krebserkrankung schon zu weit fortgeschritten ist und nicht mehr vollständig geheilt werden kann. Diese Art der Chemotherapie soll helfen, Metastasen zu verkleinern, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, die Lebenserwartung des Patienten zu verlängern und seine Lebensqualität zu verbessern. Dabei sollten die Nebenwirkungen geringer ausfallen als jene Beschwerden, welche die Krebserkrankung unbehandelt hervorrufen würde.

Wirkweise einer Chemotherapie

Die Behandlung einer Krebserkrankung mit Chemotherapie hat das Ziel, Tumorzellen abzutöten und eine vollständige Rückbildung von Krebsgewebe zu erreichen, wobei die gesunden Körperzellen so gut wie möglich geschont werden sollen. Die meisten Chemotherapien greifen in erster Linie jene Krebszellen an, die sich gerade teilen, und schädigen sie an bestimmten Strukturen. Das bewirkt, dass diese Zellen an der Teilung gehindert werden bzw. absterben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom programmierten Zelltod. In der Folge erkennt das Immunsystem die durch die Chemotherapie geschädigten und inaktiv gewordenen Tumorzellen und baut sie gezielt ab. Ihre Abbauprodukte entsorgt der Stoffwechsel ebenso wie er es mit allen gealterten oder funktionslos gewordenen Zellen tut.

Die Zytostatika können aber nicht zwischen gesunden und erkrankten Zellen unterscheiden. Sie wirken relativ unspezifisch gegen alle Zellen, besonders aber auf jene, die sich häufig teilen. Das tun Krebszellen in der Regel, aber auch manche gesunde Zellen, zum Beispiel jene des Blut- und Immunsystems, der Haut, Schleimhaut und Haarzellen. Diese unerwünschte Wirkung auf das normale Gewebe erklärt einen Teil der typischen Nebenwirkungen vieler Chemotherapeutika.

Ablauf einer Chemotherapie

In der Regel erhält man bei einer Standard-Chemotherapie, Zytostatika und Medikamente zur Vorbeugung von Nebenwirkungen als Infusion über einen Venenzugang ins Blut. Dabei gibt es unterschiedliche Zugänge wie die Venenverweilkanüle für einmalige oder nur sehr wenige Zytostatika-Infusionen oder den zentralen Venenkatheter und den Portkatheter, wenn mehrere Infusionen gegeben werden müssen. Letzterer wird heute vielfach verwendet, da dadurch vermieden werden kann, dass Zytostatika die Venen  zu sehr reizen und belasten.

Wie und mit welchen Medikamenten eine Chemotherapie durchgeführt wird, muss für jeden Patienten individuell festgelegt werden. Oft wird nicht nur ein einziges Medikament gegeben, sondern eine Kombination mehrerer Zytostatika mit unterschiedlichen Wirkprinzipien (Kombinationstherapie).

Eine Chemotherapie wird in Zyklen durchgeführt. Dabei wechseln Behandlungsphasen mit Behandlungspausen ab. Normalerweise werden die Medikamente in einem Zyklus an einem oder mehreren Tagen nacheinander gegeben. Danach folgt eine Behandlungspause von mehreren Tagen, Wochen oder Monaten. In dieser Zeit hat der Körper die Möglichkeit, angegriffenes normales Gewebe zu regenerieren. Im Schnitt werden vier bis sechs Zyklen durchgeführt. Hintergrund dafür ist, dass sich dadurch auch solche Tumorzellen zerstören lassen, die sich während vorangegangener Zyklen gerade nicht teilten und deshalb nicht durch die Zytostatika beeinflusst werden konnten.

Die Behandlung selbst kann ambulant oder stationär stattfinden. Eine einzelne Therapiesitzung dauert zwischen einer halben Stunde und mehreren Stunden. In vielen Fällen kann die Chemotherapie ambulant verabreicht werden. Zu Beginn einer neuen Therapie oder bei manchen aufwändigeren Therapieformen kann auch ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein, die aber bei guter Verträglichkeit später oft auf eine ambulante Behandlung umgestellt werden kann.

Wirksamkeit von Chemotherapien

Ob ein Patient auf eine Chemotherapie anspricht, hängt von der Art des Tumors, dem Allgemeinzustand des Patienten und zahlreichen anderen Faktoren ab. Was die Effektivität dieser Therapie betrifft, so lässt sich diese generell nicht beziffern. Einen Einblick in dieser Hinsicht  liefern aber die so genannten relativen 5-Jahres-Überlebensraten, die ein Maß für die Überlebenschancen von Krebspatienten im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung gleichen Alters und gleichen Geschlechts geben. Auch sie sind stark von der Tumorart abhängig und liegen bei unter 20 Prozent für bösartige Tumoren der Lunge, Leber und Bauchspeicheldrüse bis hin zu über 90 Prozent für das maligne Melanom der Haut, den Hodenkrebs und den Prostatakrebs.

Ein relatives 5-Jahres-Überleben von beispielsweise 90 Prozent bedeutet, dass fünf Jahre nach einer Krebsdiagnose der Anteil der Überlebenden 90 Prozent des Anteils beträgt, der in der Gesamtbevölkerung gleichen Alters und Geschlechts im gleichen Zeitraum beobachtet wird.

Nebenwirkungen der Chemotherapie

Da Zytostatika zumeist im ganzen Körper wirken, können auch gesunde Zellen, die sich natürlicherweise schnell teilen, geschädigt werden. Das betrifft zum Beispiel Zellen der Schleimhaut, der Haarwurzeln oder des Knochenmarks. Daraus resultieren oft Nebenwirkungen wie folgende:

  • Entzündungen der Mundschleimhaut
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Appetitlosigkeit
  • Durchfall
  • Bauchschmerzen
  • Veränderungen der Blutwerte mit Blutarmut (Anämike)
  • Blutgerinnungsstörungen
  • ein erhöhtes Infektionsrisiko
  • Haarausfall
  • anhaltende Erschöpfungszustände (Fatigue)
  • Störungen des Konzentrationsvermögens
  • Beeinträchtigung des Gedächtnisses
  • Störungen des Menstruationszyklus bei Frauen
  • Schädigung der Keimdrüsen und Störung der Fortpflanzungsfähigkeit bei Frauen und Männern
  • Steigerung des Risikos für weitere Krebserkrankungen

Nebenwirkungen können mitunter binnen weniger Stunden oder Tage nach dem Behandlungsbeginn, aber auch erst nach Monaten oder sogar Jahren auftreten. Unter welcher Nebenwirkung man als Krebspatient in welchem Ausmaß leidet, hängt davon ab, welche Zytostatika in welcher Dosierung eingesetzt werden und wie lange die Behandlung dauert. Zudem spielt der gesundheitliche Allgemeinzustand des Patienten mit hinein.
Wichtig zu wissen ist, dass viele Nebenwirkungen heute durch geeignete Maßnahmen, durch so genannte Supportivtherapien verhindert oder zumindest gelindert werden können. So gibt es etwa inzwischen Medikamente, die Übelkeit und Erbrechen unterbinden oder die Regeneration von Blutzellen unterstützen.

Mehr zum Thema: Krebs – alle Vorsorgeuntersuchungen auf einen Blick

  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

Die Chemotherapie, ONKO Internetportal;
https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/therapieformen/chemotherapie.html, abgerufen am 18.5.2021

Therapien bei Krebs, Österreichische Krebshilfe;
https://www.krebshilfe.net/fileadmin/user_upload/Dachverband/Broschüren/2019_Therapien_bei_Krebs___Web.pdf, abgerufen am 18.5.2021

Chemotherapie bei Krebs, gesundheit.de;
https://www.gesundheit.de/medizin/behandlungen/chemotherapie/chemotherapie, abgerufen am 18.5.2021

Zentrum für Krebsregisterdaten, Robert Koch Institut,
https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Krebs_gesamt/krebs_gesamt_node.html, abgerufen am 18.5.2021

Übelkeit und Erbrechen während der Krebsbehandlung, Deutsches Krebsforschungszentrum;
https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/uebelkeit/uebelkeit-index.php, abgerufen am 18.5.2021

Das könnte Sie auch interessieren
ältere Frau beim Stretchen

Longevity: Länger leben und gesund altern

Langlebigkeit, auch bekannt als "Longevity", ist ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. In einer Gesellschaft, in der die Lebenserwartung stetig steigt, stellt sich die Frage: Wie können wir nicht nur lange, sondern auch gesund leben?

Hüftschmerzen

Hüftschmerzen

Beschwerden im und um das Hüftgelenk sind ein weit verbreitetes Problem und betre:en nahezu jeden Menschen irgendwann im Laufe des Lebens. Der Schmerzursprung kann direkt im Gelenk liegen oder in den umgebenden Strukturen.

Pap-Abstrich

Pap-Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs

Der Pap-Abstrich ist eine gynäkologische Routineuntersuchung zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs und zählt zu den erfolgreichsten Krebstests überhaupt. Seit seiner Einführung konnte die Sterblichkeitsrate dieser Erkrankung um zwei Drittel gesenkt werden.

HPV Infektion (Humane Papillomaviren)

HPV (Humane Papillomaviren)

Humane Papillomaviren (HPV) sind DNA-Viren, die vorwiegend durch direkten Schleimhautkontakt übertragen werden und verschiedene Erkrankungen verursachen können – von harmlosen Warzen bis hin zu bösartigen Tumoren.