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Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes

Stark beeinträchtigende sexuelle Funktionsstörungen betreffen mehr als 13 Prozent der sexuell aktiven Männer, und die Häufigkeit des Problems nimmt mit steigendem Alter zu. Männer leiden vor allem unter erektiler Dysfunktion, verfrühter Ejakulation und Orgasmusstörungen, aber auch Störungen des sexuellen Verlangens nehmen zu. Die Ursachen sind biopsychosozial, und das sollte im therapeutischen Vorgehen berücksichtigt werden.

Zusammenfassung

Factbox

Sexuelle Funktionsstörung, sexuelle Dysfunktion, funktionelle Sexualstörung

Definition: Von einer sexuellen Funktionsstörung spricht man, wenn die eigene Sexualität nicht befriedigend ausgelebt werden kann und der oder die Betroffene darunter leidet. Die Störung muss mindestens sechs Monate bestehen

Ursachen: psychische Ursachen: traumatische Erfahrungen, Depression, aktuelle Konflikte und Belastungen,…;
körperliche Ursachen: Krankheiten, Nebenwirkungen von Medikamenten, Folgen von Operationen, hormonelle Faktoren, urologische Probleme

Formen: Störungen der sexuellen Appetenz (Luststörungen), Störungen der sexuellen Erregung, Orgasmusstörungen

Therapie: Sexualberatung, Psychotherapie, Paartherapie, ggf. Behandlung der organischen Grunderkrankung, Medikamente: Antidepressiva, PDE-5-Hemmer

Was sind sexuelle Funktionsstörungen?

Sexualität ist ein Lebensbereich, der für die meisten Menschen sehr wichtig ist. Trotzdem fühlen viele sich als sexuell nicht vollständig „funktionsfähig“ und glauben zum Beispiel, dass Sex bei anderen häufiger vorkommt oder besser oder perfekter abläuft. Das hat viel mit den Bildern, die wir alle im Kopf haben, zu tun, aber es hat auch biologische, psychologische und soziale Gründe, wenn der Körper bei der Sexualität nicht so richtig mitmachen will oder es an Lust mangelt. Wenn das sexuelle Verhalten und Erleben so beeinträchtigt sind, dass eine befriedigende Sexualität stark behindert oder unmöglich ist, spricht man von sexuellen Funktionsstörungen. Männer können diesbezüglich von Störungen der sexuellen Appetenz (Lustempfinden), Störungen der sexuellen Erregung (Erektionsstörung) und Orgasmusstörungen inklusive Ejaculatio praecox betroffen sein. Um von einer sexuellen Funktionsstörung sprechen zu können, muss die Störung seit mindestens sechs Monaten bestehen, und das jeweilige sexuelle Verhalten oder Erleben gilt dann als dysfunktional, wenn die betroffene Person darunter leidet oder andere Personen zu Schaden kommen.

Ursachen sexueller Funktionsstörungen

Die Ursachen sexueller Funktionsstörungen bei Männern sind multifaktoriell. Häufig spielen allgemeingesellschaftliche oder individuelle Erwartungs- und Anspruchshaltungen eine Rolle, aber auch traumatische sexuelle Erfahrungen, Leistungsdruck, Konflikte und partnerschaftliche Probleme können die sexuelle Lust und das körperliche Funktionieren behindern. Andererseits sind auch organische Ursachen wie bestimmte Krankheiten oder die Nebenwirkungen bestimmter Medikamente an manchen sexuellen Funktionsstörungen beteiligt. Speziell bei der Erektionsstörung können etwa Diabetes, Herzerkrankungen und Bluthochdruck das Problem verursachen oder verfestigen. Außerdem gibt es Zusammenhänge zwischen Erektionsstörungen und urologischen Störungen wie der gutartigen Prostatavergrößerung (BPH) oder chronischem Nierenversagen, aber auch zahlreichen anderen Erkrankungen.

Die Störungen im Einzelnen

  • Störungen des sexuellen Verlangens (Appetenzstörungen): Darunter versteht man einen Mangel oder  Verlust, aber auch ein gesteigertes sexuelles Verlangen. Sexuelle Lustlosigkeit nimmt mit dem Alter zu.
  • Ein bei Männern seltener Extremfall ist die sexuelle Aversion, mit der Symptome wie Übelkeit, Unruhe, Herzfrequenzerhöhung und Gefühle wie Ekel und Wut verbunden sein können. Appetenzstörungen sind keine genitalen Funktionsstörungen, können aber Auswirkungen auf diese haben. Ihre Ursachen sind vielschichtig, und sie können organisch und/oder psychosozial bedingt sein. Manche Medikamente wie zum Beispiel Antidepressiva können zu einer Verringerung, Antiparkinsonmittel etwa zu einer Steigerung des sexuellen Verlangens führen. Außerdem können manche Erkrankungen wie etwa chronisches Nierenversagen, Leberzirrhose, Alkoholismus oder eine Schilddrüsenunterfunktion ursächlich an der Entstehung von Appetenzstörungen beteiligt sein. Lustlosigkeit ist manchmal auch das erste Anzeichen einer Depression. Auf hormoneller Ebene wirken Testosteronmangel und ein Prolaktinüberschuss negativ auf das Lustempfinden, und auf psychosozialer Ebene sind unter anderem Konflikte, Stress oder einen sexuelle Traumatisierung Faktoren, die das Lustempfinden beeinträchtigen können.
  • Störungen der sexuellen Erregung: Dabei findet trotz vorhandener Lust und körperlich stimmiger sexueller Stimulation keine vollständige Erektion statt oder sie bleibt ganz aus. Diese Erektionsstörungen können vielfältige Ursachen haben. Bei jüngeren Männern spielen oft Erwartungs- und Versagensängste sowie Leistungsansprüche eine Rolle. Erektionsstörungen nehmen im Alter oft aufgrund organischer Faktoren zu und sie können als Folge einer anderen Erkrankung wie Diabetes mellitus, einer Gefäßerkrankung, einer Nervenerkrankung oder eines Bluthochdrucks auftreten. Zudem kann eine Erektionsstörung aufgrund der Einnahme von verschiedenen Medikamenten wie etwa Antidepressiva oder Mittel gegen Bluthochdruck ausgelöst werden. Nicht selten kommt es auch als Folge von Verletzungen oder Operationen wie der radikalen Prostatektomie oder Darmoperationen zu Erektionsstörungen. Schließlich spielen auch hier häufig Stressoren wie Unzufriedenheit mit der Beziehung oder mentale Probleme herein.
  • Störungen des Orgasmus: Darunter versteht man zum einen eine Vorzeitigkeit, seltener auch eine Verzögerung oder ein Fehlen des Erregungshöhepunktes. Von Vorzeitigkeit (Ejaculatio praecox) spricht man, wenn die Ejakulation immer oder fast immer innerhalb einer Minute nach dem Eindringen des Penis in die Vagina oder sogar davor auftritt, ohne dass der Mann das willentlich kontrollieren kann. Experten unterscheiden auch zwischen einer lebenslangen (primären) und einer erworbenen (sekundären) Form dieser sexuellen Funktionsstörung. Eine weitere, bei Männern sehr seltene Variante der Störungen des Orgasmus ist der gehemmte oder ausbleibende Orgasmus. Die Störung tritt am häufigsten beim koitalen Verkehr auf, während der Orgasmus bei anderen Formen der Sexualität durchaus erlebbar sein kann. Auch hier gibt es keinen spezifischen Verursachungsmechanismus, sondern viele mögliche Ursachen, wobei tief verwurzelte Konflikte und unbewusste Ängste und Phantasien eine wichtige Rolle zu spielen scheinen. Eine relativ plötzlich einsetzende Ejacualtio retarda (verzögerte Ejakulation) kann unter Umständen ein Anzeichen einer neurologischen Erkrankung wie etwa der Multiplen Sklerose sein.

Behandlung sexueller Funktionsstörungen bei Männern

Da die Ursachen sexueller Funktionsstörungen äußerst vielfältig sind, gibt es auch verschiedene Therapieansätze. Sexualberatung spielt bei fast allen Störungsbildern eine zentrale Rolle. Oft wird auch Sexualtherapie mit dem Paar empfohlen, und wenn das nicht möglich ist oder andere psychische Probleme im Vordergrund stehen, Psychotherapie im Einzelsetting, wobei Verfahren wie die Verhaltenstherapie und psychodynamisch orientierte Verfahren besonders empfohlen werden.

Wichtig ist auch die Berücksichtigung der organischen Ebene. Eine organische Grunderkrankung wie etwa Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Diabetes, eine Herzerkrankung, Bluthochdruck, urologische Probleme oder eine Alkoholkrankheit sollen und müssen therapeutisch behandelt werden.

Was die Behandlung der primären Ejaculatio praecox betrifft, so haben sich Antidepressiva vom Typ SSRI bewährt. Ihre Nachteile der Libidominderung können durch kurz wirksame Präparate wie Dapoxetin ausgeglichen werden. Bei sekundären Formen der Erektionsstörung wird vielfach mit PDE-5-Hemmern, von denen der bekannteste Viagra ist, behandelt. Andere therapeutische Möglichkeiten bei der Erektionsstörung wie Vakuumpumpen oder operative Eingriffe wie die Schwellkörperimplantation werden nur sehr selten angewendet.

Wer hilft weiter?

Sexuelle Funktionsstörungen anzusprechen, fällt Männern meist schwer. Das Wissen, nicht der einzige mit diesem Problem zu sein, sollte aber helfen, Experten wie den Allgemeinmediziner oder Urologen darauf anzusprechen. Dieser kann Betroffene bei Bedarf an Fachleute wie Sexualtherapeuten oder Psychologen weiterleiten.

  • Autor

    Mag. Gabriele Vasak

    Medizinjournalistin

    Gabriele Vasak ist seit 2019 freie Journalistin in der DocFinder-Redaktion. Ihr besonderes Interesse liegt schon lange im Bereich der medizinischen Contentproduktion. Im Jahr 2006 wurde sie mit dem Medienpreis für Gesundheitsförderung & Prävention des Fonds Gesundes Österreich ausgezeichnet, und im Jahr 2010 erhielt sie den Pressepreis der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.

Dirk Rösing: Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes.
https://www.springermedizin.de/emedpedia/die-urologie/sexuelle-funktionsstoerungen-des-mannes?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-41168-7_51, abgerufen am 6.5.2021

P. Briken et al.: Prävalenzschätzungen sexueller Dysfunktionen
anhand der neuen ICD-11-Leitlinien
https://cdn.aerzteblatt.de/pdf/117/39/m653.pdf?ts=16%2E09%2E2020+15%3A29%3A19, abgerufen am 6.5.2021

F. Huber et al.: Sexualstörungen beim Mann.
https://www.medix.ch/wissen/guidelines/urologische-krankheiten/sexualstoerungen-beim-mann/, abgerufen am 6.5.2021

C.-A. Haensch et al.: Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion, S1-Leitlinie, 2018
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/030-112l_S1_Erektilen_Dysfunktion_Diagnostik_Therapie_2018-05.pdf, abgerufen am 6.5.2021|Dirk Rösing: Sexuelle Funktionsstörungen des Mannes.
https://www.springermedizin.de/emedpedia/die-urologie/sexuelle-funktionsstoerungen-des-mannes?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-41168-7_51, abgerufen am 6.5.2021

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